Wohnungsmarkt in Schleswig-Holstein: Zwiespältige Entwicklung bei Mieten und Bautätigkeit
30.09.97
Wohnungsmarkt in Schleswig-Holstein:
Zwiespältige Entwicklung bei Mieten und Bautätigkeit
Eine zwiespältige Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt hat der Landesmieterbund im Rahmen seiner jüngsten Bestandsaufnahme festgestellt. Trotz einer nach wie vor erfreulichen Bautätigkeit zieht das Mietgefüge – am deutlichsten bei den öffentlich geförderten Wohnungen – wieder stärker an.
Trotz der unübersehbaren Entspannungstendenzen auf dem Wohnungsmarkt und einer Bautätigkeit, die sich nach wie vor auf hohem Niveau bewegt, ist damit der seit gut 3 Jahren zu beobachtende Negativtrend bei den Steigerungsraten der Wohnungsmieten abgerissen.
Die Wohnungsbautätigkeit
Die Wohnungsbautätigkeit im Lande bewegt sich nach wie vor auf hohem Niveau. Entgegen den Unkenrufen aus der Wohnungswirtschaft, daß die Bautätigkeit zu vermehrtem Wohnungsleerstand führen werde, wurden zwischen August 1996 und Juli 1997 landesweit 17.868 Wohnungen zum Neubau genehmigt. Hinzu kommen 2.286 Wohnungen, deren Erstellung in Nichtwohngebäuden geplant ist. Zwar steht fest, daß von den sich so ergebenden 20.154 Baugenehmigungen gut 10 % abzuziehen sind, die wieder in den Schubladen verschwinden, trotzdem ist dies ein respektables Ergebnis.
Dabei fällt die Neubautätigkeit regional sehr unterschiedlich aus. Deutlich an der Spitze liegt der Kreis Segeberg, der binnen Jahresfrist 2.019 Baugenehmigungen erteilt hat gefolgt vom Kreis Pinneberg mit 1.778 Baugenehmigungen. Das Schlußlicht bildet die kreisfreie Stadt Flensburg mit 241 gefolgt von Neumünster mit 352 Baugenehmigungen. Deutlich anders sieht die Situation jedoch aus, wenn die unterschiedliche Bevölkerungsdichte beleuchtet wird. Hier liegt mit 10 Baugenehmigungen je 1.000 Einwohner der Kreis Nordfriesland deutlich an der Spitze gefolgt von den Kreisen Segeberg mit 8,4 und dem Kreis Schleswig-Flensburg mit 8,0 WE je 1.000 Einwohner. Das Schlußlicht bildet wiederum die kreisfreie Stadt Flensburg mit 2,8 WE gefolgt von Lübeck, Kiel und Neumünster mit 3,8, 5,0 und 4,3 WE je 1.000 Einwohner. Dieser Blick verdeutlicht einmal mehr, daß die absoluten Zahlen bei der Wohnungsbautätigkeit mit Zurückhaltung aufzunehmen sind; Schleswig-Holstein als typisches Ferienland produziert in erheblichem Umfang auch Ferienwohnungen, die zwar die Statistik schönen, dem Wohnungsmarkt aber tatsächlich nicht zur Verfügung stehen.
Bei alledem verzeichnet der Landesmieterbund auch eine deutliche Verschiebung in der Bautätigkeit zwischen unterschiedlichen Wohnungstypen; wurden von Januar bis Juli 1995 noch 6.500 Wohnungen, entsprechend 56 % in Gebäuden mit 3 und mehr Wohnungen errichtet, so ist diese Zahl im gleichen Zeitraum 1996 auf 5.091 WE, entsprechend 48 % abgesackt. Der Vergleichszeitraum des Jahres 1997 hat zwar mit 5.163 Baugenehmigungen eine leichte Steigerung mit sich gebracht, trotzdem entspricht dies nur noch einem Anteil von 46 %, weil gleichzeitig die Zahl der Baugenehmigungen für 1- und 2-Familienhäuser deutlich stärker zugelegt hat.
Fazit des Landesmieterbundes zu dieser Entwicklung:
Wenn es gelingt, die Bautätigkeit auf diesem Niveau zu halten, kann mit einer weiteren Entspannung auf dem Wohnungsmarkt gerechnet werden.
Die Mietenentwicklung
Im deutlichen Widerspruch zu der eher erfreulichen Bautätigkeit steht allerdings die Mietenentwicklung; hier waren seit Beginn des Jahres 1993 langsam, aber stetig sinkende Steigerungsraten zu verzeichnen. Der Tiefststand bei den Nettomieten war mit Beginn des Jahres 1996 erreicht. Seinerzeit stiegen Altbauwohnungen im mittleren Wohnwert gegenüber dem Vorjahr um 1,4 %, vergleichbare Neuwohnungen um 0,2 % und öffentlich geförderte Wohnungen um 0,9 % an. Diese günstigen Werte haben sich inzwischen deutlich verschlechtert; für Juni 1997 meldet das Statistische Landesamt Meßzahlen, wonach Altbauwohnungen mittleren Wohnwertes um 2,7 %, vergleichbare Neubauwohnungen um 2,5 % und die öffentlich geförderten Wohnungen um 2,9 % gegenüber den Werten des Vorjahres liegen. Damit wird die Mär von „sinkenden Mieten“ deutlich widerlegt. Dabei soll gar nicht bestritten werden, daß sehr gut ausgestattete und große Wohnungen im Jahre 1997 nicht mehr zu den Preisen neuvermietet werden können, wie dies in den vergangenen 5 Jahren der Fall war. Um so mißlicher nimmt sich aber die Tatsache aus, daß diese Entwicklung in den Bereichen der Durchschnittswohnungen nicht durchschlägt. Die jüngsten Mietsteigerungsraten liegen deutlich über den Steigerungsraten bei den Lebenshaltungskosten und erschweren damit die Zugangsmöglichkeiten zu Wohnungen, die für Durchschnittsverdiener bezahlbar sind, weiterhin. Dies erfordert nach Auffassung des Landesmieterbundes verstärkte Anstrengungen, um preiswerten Wohnraum neu zu schaffen und zu erhalten. Erneut kritisiert der Landesmieterbund in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß vermehrt große und gut ausgestattete öffentlich geförderte Wohnungen leerstehen, obwohl gerade diese besonders stark nachgefragt werden. Statt Wohnungsbauförderungsmittel in die Eigenheimförderung umzuschichten, wäre es nach Auffassung des Landesmieterbundes zweckmäßiger gewesen, leerstehenden und überteuerten Wohnraum nachzusubventionieren, um so mit geringfügigem Mitteleinsatz diese Wohnungen wieder vermietbar zu machen.
Der Landesmieterbund warnt in diesem Zusammenhang auch vor einer vermehrten Eigenheimförderung; immer noch steigende Arbeitslosenzahlen werden bundesweit mit der Forderung begleitet, Arbeitnehmer mögen sich in zunehmenden Maße mobiler zeigen. Gerade diese Mobilität werde aber durch die Bildung von Wohneigentum gleich doppelt gefährdet; die Immobilie erweise sich schnell als ein Klotz am Bein, wenn es darum gehe, einen neuen Arbeitsplatz anzutreten. So sei es ungleich schwieriger, die Immobilie am bisherigen Wohnort zu veräußern und am neuen Wohnort eine zu erwerben, als eine Mietwohnung zu kündigen und eine neue anzumieten. Im übrigen wirke auch ein vermindertes Angebot an Mietwohnungen als Hemmschuh beim Wohnungswechsel.
Im Ergebnis fordert der Landesmieterbund daher, den Bund, das Land und die Kommunen auf, die Förderung des Geschoßwohnungsbaues nicht weiter einzuschränken und ein Wohnungsangebot zu fördern, das auch im Geschoßwohnungsbau den Annehmlichkeiten des Eigenheimes möglichst nahekomme. Hierfür seien ganz besonders die Wohnungsbaugenossenschaften geeignet, die es seit jeher besser verstanden hätten, ein preiswertes Mietwohnungsangebot bei guten Rahmenbedingungen vorzuhalten.
Nähere Auskünfte erteilen alle schleswig-holsteinischen Mietervereine. Deren Sprechzeiten und Aufnahmebedingungen können zentral bei der Landesgeschäftsstelle des Mieterbundes Schleswig-Holstein, Eggerstedtstr. 1, 24103 Kiel, erfragt werden. Fernmündlich ist die DMB-Landesgeschäftsstelle unter der Kieler Rufnummer 0431/97919-0 zu erreichen.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel