Wohnungsbau unter der magischen Grenze
Kiel, den 10.04.2001
Wohnungsbau unter der magischen Grenze
Nach Mitteilung des Statistischen Landesamtes sind im Jahre 2000 12.950 Wohnungen zum Bau genehmigt worden. Dies ist ein Rückgang um 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ein niedrigeres Ergebnis wurde zuletzt im Jahre 1989 erzielt. Dabei war der Rückgang höchst ungleich verteilt:
Während die Zahl der genehmigten Wohnungen in Eigenheimen mit einem Minus von 24 Prozent auf 8.850 Einheiten abgerutscht sind, hat es im Geschosswohnungsbau mit nur noch 2.800 Wohnungen einen regelrechten Absturz gegeben. Das ohnehin schon niedrige Vorjahresergebnis wurde noch einmal um fast die Hälfte, nämlich 45 Prozent, unterschritten. Selbst im Nichtwohnbau und im Rahmen von Baumaßnahmen an bestehenden Wohngebäuden sind nur 1.300 Einheiten genehmigt worden, entsprechend einem Minus von 6,5 Prozent. Damit liegt die Zahl aller Baugenehmigungen unter 15 Tausend Einheiten. Da ein großer Teil der Baugenehmigungen ohne weitere Aktivitäten in den Schiebladen verschwindet, ist mit maximal rund 12 Tausend Wohnungen aus den Baugenehmigungen des Jahres 2000 zu rechnen. Diese Zahl liegt nur noch um 3 Tausend Einheiten über der, die das Innenministerium jährlich für erforderlich hält, aber gleichzeitig um 3 Tausend Einheiten unter der Zahl, die für den Landesmieterbund die Untergrenze des aktuellen Neubaubedarfes darstellt. Die Unterschiede zwischen der Zahl des Innenministeriums und der des Landesmieterbundes sind schnell erklärt; das Land hält 9 Tausend Wohnungen jährlich für erforderlich basierend auf der Vorausberechnung der Einwohnerzahlen. Der Landesmieterbund hingegen berechnet seinen Neubaubedarf wie folgt:
Seit Jahrzehnten wächst die Wohnfläche je Einwohner kontinuierlich um einen halben Quadratmeter jährlich. Dies geht einher mit einer Verkleinerung der Haushalte mit Zusammenlegung von Wohnungen mit der Zunahme von Zweit- und Ferienwohnungen. Aus dieser Erkenntnis lässt sich folgende Rechnung ableiten: 2,7 Millionen Einwohner Schleswig-Holsteins verbrauchen jährlich eine zusätzliche Wohnfläche von 1,35 Millionen Quadratmetern. Diese Zahl heruntergebrochen auf durchschnittliche Wohnungsgrößen von 75 Quadratmetern ergibt einen jährlichen Neubaubedarf von 18 Tausend Wohnungen (!). Hinzu kommt der Bedarf für die Einwohnerzuwächse, die sich zwischen 6 und 10 Tausend Einwohner jährlich eingependelt haben und einen Bedarf von ca. 4 Tausend zusätzlichen Wohnungen auslösen. Hieraus ermittelt sich ein rechnerischer Bedarf von 22 Tausend Wohnungen jährlich einschließlich Zweit- und Ferienwohnungen. Selbst wer von dieser Berechnung großzügig 30 Prozent abstreicht kommt auf einen Neubaubedarf, der 15 Tausend Wohnungen jährlich nicht unterschreiten darf. Diese Einschätzung wurde im September 1998 von der damals zuständigen Bauministerin Birk vom Volumen her durchaus geteilt. In einer Pressemitteilung vom 21.09.1998 heißt es wörtlich wie folgt: „Zusammen mit dem Ziel eines möglichst raschen Abbaus des bestehenden Nachholbedarfs ergibt sich ein durchschnittlicher Wohnungsneubaubedarf von 15.500 Wohnungen jährlich in den nächsten fünf Jahren“.
Den dramatischen Schwenk des Innenministeriums hin zu niedrigeren Zahlen hält der Landesmieterbund daher für falsch und schädlich. Das Land setzt damit ein schlimmes Signal für die Wohnungswirtschaft und wird diese Zahl in absehbarer Zeit nach oben korrigieren müssen. Die Ursache für das ungewöhnliche Herunterrechnen des Bedarfes um satte 42 Prozent sieht der Landesmieterbund in der immer stärker eingeschränkten Wohnungsbauförderung des Landes. So hat das Land den Mietwohnungsneubau im Jahre 2001 auf ganze 490 Einheiten zusammengestrichen zzgl. ca. 700 Maßnahmen im Bestand. Es lässt damit dem Abschmelzen des Sozialwohnungsbestandes weiterhin freien Lauf. Der Landesmieterbund hält hingegen die Neuvereinbarung von jährlich 5 Tausend Preis- und Belegungsbindungen für erforderlich, um mittel- bis langfristig den Sozialwohnungsbestand zu sichern und ihn von zur Zeit nur noch 80 Tausend auf ca. 120 Tausend WE auszubauen. Dabei ist der Landesmieterbund durchaus offen dafür, Preis- und Belegungsbindungen auch im Rahmen von Modernisierungen durch Ankauf und durch Tausch aufzustocken. Mit den aktuellen Vorgaben des Landes sind diese Ziele aber nicht zu erreichen. Der Landesmieterbund fordert den Landtag und die verantwortlichen Wohnungspolitiker daher zu einem sofortigen Umdenken auf.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel