VNW-Wohnungsmarktanalyse nur bedingt richtig Höherer Anteil an preisgebundenen Wohnungen dringend erforderlich Neue Preisbindungen können auch im Bestand generiert werden
Kiel, den 30.04.2008
VNW-Wohnungsmarktanalyse nur bedingt richtig
Höherer Anteil an preisgebundenen Wohnungen dringend erforderlich
Neue Preisbindungen können auch im Bestand generiert werden
Scharfen Widerspruch aus der Mieterorganisation erfährt die Pressemitteilung eines wohnungswirtschaftlichen Verbandes vom 29.04.2008. Zwar teilt auch die Mieterorganisation die Einschätzung, dass der schleswig-holsteinische Wohnungsmarkt (noch) weitgehend entspannt ist. Richtig ist auch die Aussage, dass Bedarf an energetischer Modernisierung des Wohnungsbestandes besteht. Die weiteren Ausführungen des Verbandes sind nach Meinung der Mieterorganisation jedoch rein interessengesteuert:
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Die Behauptung „Der Bau neuer Sozialwohnungen, wie immer wieder gefordert, kann das Problem nicht lösen…“ unterstellt, dass neue Preis- und Belegungsbindungen nur im Neubau generiert werden können. Die Mieterorganisation legt Wert auf die Feststellung, dass sie landesweit die allmähliche Wiederaufstockung des Sozialwohnungsbestandes bis auf 120 Tausend gebundene Wohnungen fordert, was selbstverständlich nicht im Neubau realisiert werden muss, sondern durchaus auch anlässlich von notwendigen Modernisierungsmaßnahmen durch öffentliche Förderung auch im Bestand vereinbart werden kann. Natürlich wird es daneben in gewissem Umfang auch Neubauwohnungen mit öffentlicher Bindung geben müssen, dort muss jedoch nicht der Schwerpunkt liegen.
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Die Aussage „Die seit den Nachkriegsjahren gesetzlich vorgeschriebene Wohnungsmangelverwaltung gehöre in die Mottenkiste“ ist nichts weiter als polemisch. Preis- und Belegungsbindungen sind gute Instrumente insbesondere auch für Kommunen, um einkommensschwache und anderweitig benachteiligte Haushalte mit angemessenem Wohnraum versorgen zu können. Sie üben einen Dämpfungseffekt auf das Vergleichsmietengefüge aus und haben ihre Daseinsberechtigung keineswegs verloren. Mit Mangelverwaltung haben sie nichts zu tun.
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Die Behauptung der Wohnungswirtschaft, preisgebundene Wohnungen stünden nur einer „eng begrenzten Zielgruppe mit Wohnberechtigungsschein offen“, kann nicht unwidersprochen bleiben: In Schleswig-Holstein leben 241 Tausend Personen in 122 Tausend Bedarfsgemeinschaften mit SGB II-Leistungsbezug. Die Zahl der Arbeitslosen beläuft sich auf ca. 118 Tausend. Es gibt rund 26.500 Bezieher von Grundsicherung und 30.000 Bezieher von Wohngeld – Tendenz steigend. Knapp oberhalb der Grenzen für Transferleistungsbezug gibt es ebenfalls eine große Zahl von Haushalten, die gleichermaßen auf preiswerten Wohnraum angewiesen sind. Die Gesellschaft driftet immer weiter auseinander. Die Zahl armer Haushalte nimmt rasant zu darunter viele, die trotz voll Erwerbseinkommens aus eigener Kraft ihren Unterhalt – insbesondere die Miete nicht mehr bezahlen können. Sie alle können von einem preiswerten gebundenen Bestand direkt und indirekt profitieren.
Vor diesem Hintergrund fordert die Mieterorganisation die Wohnungswirtschaft auf, ihren Widerstand gegen Preis- und Belegungsbindungen aufzugeben. Deren konkrete Ausgestaltung ist durchaus verhandelbar. Grundsätzlich aber gilt: Öffentliche Förderung bekommt niemand zum Nulltarif und schon gar nicht, um jahrelang vernachlässigte Instandsetzung nachzuholen oder beim Verkauf einzelner Wohnungen oder ganzer Wohnungspakete zusätzliche Rendite zu generieren.
Warnend weist die Mieterorganisation darauf hin, dass einkommensschwache Haushalte schon heute erhebliche Probleme haben, überhaupt eine neue Wohnung zu bekommen, weil viele Vermieter zunehmend strenge Auswahlkriterien anlegen. So müssen Mieter in vielen Fällen eine Selbstauskunft, eine SCHUFA-Auskunft und eine Bescheinigung des bisherigen Vermieters vorlegen, um überhaupt in die engere Wahl zu kommen. In Einzelfällen müssen Sie sich sogar gefallen lassen, dass ein Vertreter der Firma, bei der sie eine neue Wohnung anmieten wollen, sie in ihrer alten Wohnung besucht, um ihre „Wohnfähigkeit“ zu überprüfen. Derart unangemessenen Auswüchsen kann nur mit einem nennenswerten Bestand an Sozialwohnungen entgegengewirkt werden. Deswegen lehnt die Mieterorganisation eine vorzeitige Beendigung von bestehenden Preis- und Belegungsbindungen, so wie Wohnungswirtschaft und Innenministerium sich dies zur Zeit vorstellen ab.
Verantwortlich: Jochen Kiersch – Kiel