Umwandlungsfälle von Miet- in Eigentumswohnungen erfassen
Kiel, den 28.04.2004
Umwandlungsfälle von Miet- in Eigentumswohnungen erfassen
Nicht einmal vier Jahre haben Politik und Wohnungswirtschaft gebraucht, um den schleswig-holsteinischen Mietwohnungsmarkt völlig umzukrempeln. Die ehemaligen Kieler Werkswohnungen sind zerschlagen und der Bestand zum Teil mehrfach weiterveräußert. Die Kieler Wohnungsbaugesellschaft ist über den Ladentisch gegangen,
die LEG – gewissermaßen portionsweise – verkauft und zu guter Letzt hat es auch die BIG-Heimbau AG erwischt. Der Kreis Pinneberg denkt darüber nach, die Gewoge zu verkaufen und es werden sich noch ein paar mehr finden, die den hohen sozialen Wert öffentlich kontrollierter Wohnungsbestände nicht zu schätzen wissen.
Losgelöst von der Tatsache, dass sich bei einzelnen Wohnungsunternehmen durch Anhäufung riesiger Wohnungsbestände zum Teil marktbeherrschende Stellungen bilden können, haben fast alle Erwerber durchblicken lassen, dass sie daran denken, Teile ihrer Mietwohnungsbestände zu „privatisieren“. Zwar stehen diese Ankündigungen immer unter der Überschrift „Privatisierung an Mieter“, die schleswig-holsteinischen Mietervereine sind aber überzeugt, dass nur ein Anteil von maximal von 20 Prozent der in diesen Beständen wohnenden Mieter das Potential hat, die eigene Wohnung zu kaufen losgelöst von der Frage, ob dies gewünscht ist. Dies bedeutet aber nichts anderes, dass am Ende doch an Dritte verkauft werden wird. Anders ist das Geschäft auch gar nicht abzuwickeln, da es für den Verkauf von umgewandelten Mietwohnungen zwingend erforderlich ist, zunächst Eigentümergemeinschaften zu gründen. Es wird die absolute Ausnahme sein, dass ein Objekt zu 100 Prozent an die Mieter verkauft wird. Diejenigen Wohnungen in einer umgewandelten Liegenschaft, die nicht an Mieter zu veräußern sind, werden dann zwangsläufig an Dritte zu verkaufen sein.
Aufgrund dieser Perspektive erheben die Mietervereine die Forderung, die Zahl der Umwandlungsfälle von Miet- in Eigentumswohnungen im Lande systematisch zu erfassen. Versuche der Mietervereine, durch Abfrage bei den zuständigen Behörden einen Überblick über die jetzigen Aktivitäten zu erlangen, sind im Ergebnis gescheitert. Zwar waren die Kommunen gutwillig und haben sich bemüht, die Zahl der Umwandlungsfälle aus ihren Unterlagen zu ermitteln – dafür standen aber im Wesentlichen nur die sogenannten „Abgeschlossenheitsbescheinigungen“ zur Verfügung, deren Anzahl weder Auskunft darüber gibt, wie viele Wohnungen hinter jeder Abgeschlossenheitsbescheinigung stehen, noch ob die Bescheinigung für ein neu errichtetes Gebäude mit Eigentumswohnungen ausgestellt wurde, oder für den Umwandlungsfall. Prinzipiell ist es ein Leichtes, diese Statistik zu führen, wenn der Antrag auf Abgeschlossenheitsbescheinigung aktuell bearbeitet wird.
Die Mieterorganisation fordert die Landesregierung daher auf, eine gründliche Statistik für das Umwandlungsgeschehen zu führen, damit der Mieterschaft insbesondere unter den Bedingungen eines sich wieder anspannenden Wohnungsmarktes die negativen Folgen der Umwandlungsspekulation erspart bleiben. Dies gilt um so mehr, als die Landesregierung bislang keinerlei Anstalten trifft, die mit dem 31.08.2004 auslaufende Kündigungssperrfrist von 10 Jahren nach Umwandlung zu verlängern. Diese Sperrfrist hindert einen Vermieter daran, wegen Eigenbedarfes zu kündigen, wenn die betroffene Wohnung von einer Miet- in eine Eigentumswohnungswohnung umgewandelt wurde. Ursprünglich betrug diese Frist 10 Jahre nach dem Umwandlungsfall. Mit Inkrafttreten dies Mietrechtsreformgesetzes am 01.09.2001 ist diese Regelung jedoch entfallen mit einer Übergangsfrist bis zum 31.08.2004. Ab dann gilt nur noch die gesetzliche 3-Jahres-Sperrfrist. Die schleswig-holsteinischen Mietervereine haben gegenüber der Landesregierung die Forderung erhoben, die 10-Jahres-Sperrfrist wieder einzuführen. Um die Notwendigkeit belegen zu können ist es aber gerade erforderlich, eine genaue Datengrundlage über das Umwandlungsgeschehen an die Hand zu bekommen, weswegen die statistische Erfassung so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden muss.
Verantwortlich: Jochen Kiersch – Kiel