Rasanter Anstieg umzugsbedingter Mietprobleme Große Probleme mit langen Kündigungsfristen
Kiel, den 21.04.98
Rasanter Anstieg umzugsbedingter Mietprobleme
Große Probleme mit langen Kündigungsfristen
Die deutliche Entspannung am Wohnungsmarkt hat eine Umzugswelle ausgelöst, die wiederum eine auffällige Verschiebung der Beratungsschwerpunkte nach sich gezogen hat. So fällt insbesondere die Tatsache auf, daß Auseinandersetzungen um Mieterhöhungen aller Art insgesamt um gut 20 % zurückgegangen sind.
Auch die Zahl der Vermieterkündigungen ist zwischen 20 und 30 % zurückgegangen. Ein annähernd unverändertes Niveau konstatiert die Mieterorganisation hingegen im Bereich der Mängel des Mietobjektes (undichte Fenster, undichte Dächer, unzulängliche Beheizung pp.) sowie in den Bereichen Betriebskosten und Heizkosten. Hingegen ist die ohnehin schon hohe Zahl der Mieterkündigungen um über 22 % angestiegen mit immer noch steigender Tendenz. Die Umzugsrate dürfte nach Schätzungen der Mieterorganisation landesweit jährlich bei 10 bis 15 Tausend Haushalten liegen. Diese hohe Umzugsrate wiederum löst zunehmende Probleme im Bereich der Kautionen, der Mängelbeseitigung nach Wohnungsrückgabe, der Maklercourtage, ganz besonders aber bei der Nachmietersuche aus. Im einzelnen:
Die Streitthemen Mängelbeseitigung nach Wohnungsrückgabe und Kaution gehen nahtlos ineinander über. Es ist völlig typisch, daß Vermieter, die Ansprüche wegen beschädigter Mietsachen oder unterlassener Schönheitsreparaturen geltend machen, diese im Rahmen ihrer Möglichkeiten gegen die Kautionen verrechnen. Hier kommt es im wesentlichen darauf an zu beweisen, in welchem Zustand eine Wohnung zurückgegeben wurde, und ob Schönheitsreparaturen regelmäßig und fachgerecht durchgeführt wurden.
Im Bereich der Maklercourtagen entsteht regelmäßig Streit über die Frage, ob die neu angemietete Wohnung aufgrund eigener Mieterrecherchen angemietet wurde oder ob bestehende Makleraufträge dies erst möglich gemacht haben. Auch dieser Bereich betrifft im wesentlichen Beweislastfragen.
Ganz besondere Schwierigkeiten gibt es aber im Bereich der vorzeitigen Beendigung von Mietverhältnissen. Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt zunächst 3 Monate. Nach 5, 8 und 10 Jahren Wohndauer verlängert sie sich um jeweils 3 Monate, so daß sie im Extremfall ein ganzes Jahr betragen kann. Diese langen Zeiträume sind beim Wohnungswechsel schwer zu handhaben. Niemand schließt einen Mietvertrag mit einer Vorlaufzeit von mehr als 12 Monaten. In diesem Zusammenhang gibt es die landläufige Meinung, ein Mieter brauche seinem Vermieter nur 3 Nachmieter zu benennen, den dritten müsse dieser sowieso nehmen und der Mieter könne dann zu jedem beliebigen Zeitpunkt ausziehen. Diese Meinung ist nicht auszurotten, aber dennoch falsch. Ersatz- oder Nachmieterregelungen sind zunächst zugeschnitten auf Mietverträge auf bestimmte Zeit, und zwar für diejenigen Fälle, in denen Mieter aus wichtigem Grund ihre Wohnung wechseln müssen und langfristige Mietverträge nicht einhalten können. Diese Regelungen sind nur bedingt auf längere Kündigungsfristen und Restlaufzeiten von Kündigungsfristen anwendbar. Folgende Bedingungen müssen erfüllt sein:
Allemale muß zur vorzeitigen Beendigung eines Mietverhältnisses ein wichtiger Grund vorliegen, etwa Arbeitsplatzwechsel in eine andere Stadt, längerfristige schwere Krankheit, aber auch eine nicht hinnehmbare Enge der Wohnung z.B. durch Vergrößerung der Familie. Die Möglichkeit alleine, daß der Mieter eine andere ihm lediglich angenehmere Wohnung anmieten will, scheidet hier aus.
Liegt ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses vor, so kann der Mieter einen Anspruch auf vorzeitige Entlassung aus dem Mietvertrag haben, wenn er dem Vermieter mindestens einen ihm zumutbaren Ersatzmieter benennt, der anstelle des bisherigen Mieters in den bestehenden Vertrag mit allen Rechten und Pflichten eintritt, oder zum Neuabschluß eines Vertrages im Rahmen des ortsüblichen bereit ist. Ob ein Ersatzmieter dem Vermieter zumutbar ist oder nicht richtet sich dabei nach objektiven Kriterien. Ein Vermieter kann einen vorgeschlagenen Ersatzmieter, der ihm noch Geld schuldet oder der ein stadtbekannter Unhold ist, mit genau dieser Begründung ablehnen. Hier ist eine breite Palette von objektiv nachvollziehbaren Gründen denkbar, die der Vermieter jedoch darlegen muß. Hintertreibt der Vermieter den Eintritt in den Mietvertrag, indem er sich unerreichbar macht oder mit fadenscheinigen Begründungen, so kommt der Mieter allerdings von seiner Zahlungsverpflichtung frei.
Die Rechtsprechung steht indessen auf dem Standpunkt, daß diese besondere Möglichkeit, sich aus einem langfristigen Mietvertrag zu befreien, nicht auf Kündigungsfristen bis zu 3 Monaten anwendbar ist. Dem liegt die Überlegung zugrunde, daß die außervertragliche Beendigung des Mietverhältnisses den Mieter eines auf Dauer angelegten Vertrages nicht besser stellen soll, als denjenigen Mieter, der im Rahmen eines Mietvertrages auf unbestimmte Zeit seine 3-Monats-Kündigungsfrist zu wahren hat.
In Zeiten steigender Mieten und starker Wohnungsnachfrage war die Befreiung aus dem Mietvertrag durch Stellung eines Ersatzmieters kein Problem; in der Regel konnte der Vermieter die Wohnung mit einem höheren Mietzins neu vermieten und verdiente an der Geschichte. Zur Zeit ist es jedoch häufig so, daß die bisher vereinbarte Miete nicht oder nur schwer wieder erzielt werden kann. Deshalb halten die Vermieter ihre bisherigen Mieter am Vertrage fest oder machen in der Höhe der Mietzinsdifferenz zwischen alter Miete und neuer Mieter Schadensersatzansprüche geltend, die ihnen die Rechtsprechung teilweise auch durchaus zubilligt.
In diesen Fällen haben Mieter allerdings die Möglichkeit, von ihrem Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung zu verlangen. Verweigert der Vermieter diese Erlaubnis, ohne daß in der Person des Untermieters ein wichtiger Grund für die Ablehnung vorhanden wäre, so kann der Mieter daraufhin unter Einhaltung einer 3-Monatsfrist das Mietverhältnis kündigen.
Das Gesetz kennt darüber hinaus noch andere Sonderkündigungsrechte mit 3-Monatsfrist, die an das Vorliegen bestimmter Bedingungen geknüpft sind, z.B. bei Mieterhöhung, Modernisierung oder Versetzung von Beamten. Auch das Recht zur fristlosen Kündigungen bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen des Vermieters kann gelegentlich helfen.
Nähere Auskünfte erteilen alle schleswig-holsteinischen Mietervereine. Deren Sprechzeiten und Aufnahmebedingungen können zentral bei der Landesgeschäftsstelle des Mieterbundes Schleswig-Holstein, Eggerstedtstr. 1, 24103 Kiel, erfragt werden. Fernmündlich ist die DMB-Landesgeschäftsstelle unter der Kieler Rufnummer 0431/97919-0 zu erreichen.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel