Neues Mietrecht: Erste Umgehungsversuche eines Vermieterverbandes
Kiel, den 28.11.2001
Neues Mietrecht: Erste Umgehungsversuche eines Vermieterverbandes
Kaum ist das neue Mietrecht in Kraft, da versucht ein kleiner regionaler Vermieterverband die neuen mieterfreundlichen Kündigungsfristen zu torpedieren. Zur Erinnerung: Nach Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes gilt für Mietverträge auf unbestimmte Zeit auf Mieterseite eine 3-Monats-Kündigungsfrist unabhängig von der Laufzeit dieses Vertrages.
In verschiedenen neu aufgelegten Mietvertragsformularen taucht jetzt folgende Klausel auf, die den Mieter ganz offensichtlich knebeln und entgegen der gesetzlichen Regelung an längeren Laufzeiten festhalten soll. Diese lautet:
„Die Parteien verzichten wechselseitig auf die Dauer von …. Jahr(en) ab Vertragsbeginn auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung dieses Mietvertrages. Eine Kündigung ist erstmals nach Ablauf dieses Zeitraumes mit der gesetzlichen Frist zulässig.“.
Damit soll der sogenannte „unechte Zeitmietvertrag“, der durch das Mietrechtsreformgesetz abgeschafft worden ist, offenbar durch die „kalte Küche“ wieder eingeführt werden. Der Landesmieterbund hält die entsprechende Klausel für unwirksam, weil sie gegen zwingendes neues Recht verstößt. So heißt es in Absatz 1 des neu eingeführten Paragraphen 573 c BGB: „Die Kündigung ist spätestens am 3. Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig.“. Die weiteren Bestimmungen dieses Paragraphen befassen sich mit abweichenden Kündigungsfristen für den Vermieter und für besondere Formen des Mietvertrages. In Absatz 4 heißt es aber sodann: „Eine zum Nachteil des Mieters von den Absätzen 1 oder 3 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“. Damit normiert der Gesetzgeber den unbedingten Vorrang der gesetzlichen 3-Monats-Frist für Mietverträge auf unbestimmte Zeit vor allen anderen für den Mieter nachteiligen Fristen.
Für den Landesmieterbund ist dies ein besonders negatives Beispiel für immer wiederkehrende Versuche einiger Vermieterverbände, das Mietrecht einseitig zu Gunsten ihrer Klientel zu verbiegen.
Der Landesmieterbund rät daher dringend, den Risiken, die mit der Ausfüllung dieser Klausel einher gehen, weit aus dem Wege zu gehen. Er wird versuchen, so schnell wie möglich eine gerichtliche Klärung über die Zulässigkeit dieser Klausel herbei zu führen und den Anbieter der Formulare sowie die Verwender gegebenenfalls gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Mieter, die diese Klausel in ihren neu abgeschlossenen Mietverträgen finden, sind vom Landesmieterbund gebeten, eine Kopie ihres Vertrages an den DMB Landesverband Schleswig-Holstein, Eggerstedtstedtstr. 1, 24103 Kiel, zum Stichwort „Mietvertragsformulare“ einzuschicken.
Der Streit um Formularmietverträge hat übrigens Geschichte; schon Ende des 19. Jahrhunderts haben Vermieterverbände sämtliche mieterfreundlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches durch Formularmietverträge ausgehebelt und diese zu wahren Knebelungsverträgen umgestaltet. Der massenhafte Missbrauch von Formularmietverträgen erst hat die Gründung von Mietervereinen initiiert, die sich gegen diese Machenschaften zur Wehr gesetzt haben. An diesem Streit hat sich bis heute nicht viel geändert; immer wieder musste der Gesetzgeber die Vermieterverbände in ihre Schranken weisen. Und so ist es auch kein Zufall, dass sich bei vielen gesetzlichen Regelungen im alten, wie im neuen Recht der Wille des Gesetzgebers in folgender Bestimmung niederschlägt: „Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel