Mietrechtsreform wirft jede Menge Fragen auf
Kiel, den 26.04.2001
Mietrechtsreform wirft jede Menge Fragen auf
Die am 29. März 2001 verabschiedete Mietrechtsreform hat eine Welle von Anfragen bei den Mietervereinen zu Details der Reform, insbesondere zu den verkürzten Kündigungsfristen ausgelöst. Aus diesem Grunde fasst der Landesmieterbund die voraussichtlich am 01. September 2001 in Kraft tretenden Neuregelungen noch einmal zusammen wie folgt:
Die Neuregelungen sind kein Grund zu feiern, aber bieten durchaus Anlass zur Zufriedenheit. Sie sind ein wichtiger Schritt zu einem modernen, einfacheren und gerechten Mietrecht. Dies bezieht sich namentlich auf die Tatsache, dass die mietrechtlichen Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch zusammengefasst werden, einem chronologischen Ablauf folgen und sich auch einer moderneren Gesetzessprache bedienen. Viele inhaltliche Änderungen vereinfachen das Mietrecht mit dem erklärten Ziel, Streit und Prozesse zwischen den Vertragspartnern zu vermeiden. Hier die wesentlichen Neuerungen:
Die Kündigungsfrist für Mieter wird generell auf 3 Monate verkürzt. Dies bedeutet, dass Mieter nicht 6, 9 oder gar 12 Monate lang doppelte Mietzahlungen bei bevorstehendem Umzug riskieren. Auch die Streitigkeiten um Nachmieter oder vorzeitigem Auszug werden durch die Neuregelung vermindert. Die verkürzte Kündigungsfrist gibt Mietern allerdings nicht das Recht, sich vorzeitig aus Verträgen mit fester Laufzeit zu lösen, wie fälschlicherweise oft angenommen wird.
Für die Betriebskosten wird eine feste Abrechnungsfrist neu eingeführt. Der Vermieter muss 12 Monate nach dem Ende einer jeweiligen Abrechnungsperiode abgerechnet haben. Spätere Nachforderungen sind ausgeschlossen. Dies schafft Rechtssicherheit für beide Seiten. Niemand muss fürchten, nach 4 oder 5 Jahren mit Nachforderungen aus „Uraltabrechnungen“ belastet zu werden.
Die sogenannten qualifizierten Mietspiegel werden gestärkt; derartige nach wissenschaftlichen Erkenntnissen aufgestellte Mietspiegel sind zukünftig das vorrangige Begründungsmittel bei Mieterhöhungen auf die ortsübliche Vergleichsmiete. Der Vermieter kann dieses Zahlenwerk nicht mehr ignorieren. Mietspiegel schaffen Transparenz für Mieter und Vermieter und sind besonders gut geeignet, um Mieterhöhungsstreitigkeiten zu verhindern.
Die sogenannte „Kappungsgrenze“ wird gesenkt. Nach der bisherigen Regelung durfte ein Vermieter die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete anheben, jedoch höchstens um 30 Prozent. Nach der Neuregelung darf der Mieterhöhungssprung höchstens 20 Prozent betragen. Diese wichtige Neuregelung schützt Mieter im Einzelfall vor allzu drastischen Mietsprüngen. Wenn auch in der gegenwärtigen Situation Mieterhöhungsspielräume deutlich unter diese Marke gesunken sind, so wird die Neuregelung spätestens dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn die Mieten wieder stärker anziehen.
Die Möglichkeit, eine Mieterhöhung wegen gestiegener Kapitalkosten zu verlangen, ist in der gesetzlichen Neuregelung ersatzlos gestrichen worden. Diese systemfremde Regelung hat insbesondere in Zeiten hoher Zinsen eine unrühmliche Rolle gespielt. Die Erfahrung hatte gezeigt, dass gestiegene Kapitalkosten zu kräftigen Mieterhöhungen führen konnten, während gesunkene Kapitalzinsen so gut wie nie Mietsenkungen nach sich gezogen haben, obwohl das Gesetz dies ausdrücklich vorschrieb.
In der Neuregelung werden Lebensgemeinschaften den Eheleuten insoweit gleich gestellt, als nach dem Tode des Mieters der verbliebene nicht eheliche Partner in das Mietverhältnis eintreten kann. Dieser bislang nur durch die Rechtsprechung getragene Grundsatz hat neu in das Gesetz Eingang gefunden und führt zu einer viel zeitgemäßeren Regelung.
Die Neufassung gibt auch behinderten Mietern verbesserte Rechte; sie haben Anspruch auf Duldung eines behinderten gerechten Umbaus der Wohnung, allerdings auf eigene Kosten und – soweit gefordert – gegen Zahlung einer zusätzlichen Sicherheit an den Vermieter für die Rückbauverpflichtung. Diese Neuregelung entspricht der neuesten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes.
Die Mietrechtsreform hält aber nicht nur Rosinen für die Mieter parat; es gibt auch deutliche Nachteile, bei denen Mieter mit besonderer Vorsicht agieren müssen:
Den „einfachen“ Zeitmietvertrag, der auch gegen den Willen des Vermieters eventuell verlängert werden kann, wird es zukünftig nicht mehr geben. Damit wächst die Missbrauchsgefahr, dass mit sogenannten „echten“ Zeitmietverträgen Mieter mehr unter Druck genommen werden.
Entgegen der bisherigen Regelung muss die Miete zukünftig immer am Monatsanfang gezahlt werden.
Stirbt der alleinstehende Mieter, so kann der Vermieter zukünftig dessen Erben ohne weiteres kündigen.
Die Anforderungen an die Modernisierungskündigung des Vermieters werden gesenkt. Er muss zukünftig zwar schon 3 Monate (bisher 2) vor Beginn der Bauarbeiten informieren, aber dafür weniger umfangreich und weniger verbindlich.
Auch die Kündigungsfrist für den Vermieter hat sich verkürzt. Nach einer Wohnlaufdauer von mehr als 10 Jahren beträgt die Kündigungsfrist nicht mehr 12, sondern nur noch 9 Monate.
Soweit die wichtigsten Neuregelungen. Der Landesmieterbund weist darauf hin, dass zum Bedauern der Mieterorganisation eine Reihe von Mietrechtsproblemen weiterhin ungelöst sind. Dies betrifft beispielsweise den gesamten Bereich der Schönheitsreparaturen, der höchst strittig geregelt und für Mieter mit hohen Risiken behaftet ist. Auch die Problematik der ständig überproportional steigenden Betriebskosten wird von der Neuregelung nicht angefasst.
Deshalb ist mit der jetzt beschlossenen Reform für den Landesmieterbund das Ende der Mietrechtsreform noch lange nicht eingeläutet.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel