Mietpreisbremse wirkt nicht wie erhofft – Zwischenbilanz für Berlin, Hamburg, München und Frankfurt ernüchternd – Wiedervermietungsmieten liegen zwischen 30 und 50 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete
Berlin, 12. September 2016
Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten:
Mietpreisbremse wirkt nicht wie erhofft
Zwischenbilanz für Berlin, Hamburg, München und Frankfurt ernüchternd
Wiedervermietungsmieten liegen zwischen 30 und 50 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete
(dmb) „Die Mietpreisbremse wirkt bei weitem nicht so, wie von uns erhofft. Zwischen 66,5 Prozent und 94,8 Prozent aller Angebote bzw. Wiedervermietungsmieten lagen in Berlin, Hamburg, München und Frankfurt in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten der Mietpreisbremse und dem Stichtag 30. Juni 2016 über der Obergrenze der Mietpreisbremse (ortsübliche Vergleichsmiete plus 10 Prozent). Die Wiedervermietungsmieten überstiegen dabei in mehr als 100.000 Fällen die Obergrenzen der Mietpreisbremse um zwischen 28,7 Prozent und 49,3 Prozent, das heißt um zwischen 2,75 Euro und 4,47 Euro. Offensichtlich werden die gesetzlichen Regelungen von vielen Vermietern ignoriert. Das gilt insbesondere für private Vermieter und private Wohnungsunternehmen“, erklärte der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, auf einer Pressekonferenz in Berlin anlässlich der Präsentation von zwei wissenschaftlichen Untersuchungen von RegioKontext und IFSS. Ernüchternd sei, dass die Kluft zwischen der ortsüblichen Vergleichsmiete in bestehenden Mietverhältnissen und den aktuellen Angebots- und Wiedervermietungsmieten nach Inkrafttreten der Mietpreisbremse nicht kleiner geworden sei. Vergleiche man den Zeitraum nach Einführung der Mietpreisbremse bis zum 30. Juni 2016 mit dem Zeitraum 1. Januar 2015 bis zum Inkrafttreten der Mietpreisbremse in den vier untersuchten Städten, gebe es keine nennenswerten Unterschiede.
Die Untersuchungen von RegioKontext und IFSS nehmen nicht für sich in Anspruch, vollständig repräsentativ zu sein. Sie beruhen auf Datenbeständen von ImmobilienScout24. Das bedeutet, Wohnungen, die nicht über diese Immobilienplattform angeboten, sondern zum Beispiel über Wartelisten bei Genossenschaften oder kommunalen Wohnungsunternehmen bzw. über private Empfehlungen und persönliche Kontakte vermietet werden, sind hier nicht berücksichtigt. Auch Angebote von städtischen Wohnungsunternehmen auf eigenen Internetseiten sind nur im Rahmen der IFSS-Untersuchungen mit ausgewertet worden. Außerdem kann mit den beiden Untersuchungen nicht abgeklärt werden, ob und inwieweit der Ausnahmetatbestand „Vormiete“ vorliegt und eine Überschreitung der Mietpreisobergrenze gerechtfertigt ist.
Trotz dieser Einschränkungen sind die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen eindeutig: Die Vorschriften der Mietpreisbremse werden in großem Stil missachtet. Vermieter halten sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben. Hinzu kommt, dass Mieter bisher nur in wenigen Fällen eine Überprüfung der Mietpreisobergrenzen-Regelung rügen. Sie meiden die Auseinandersetzung mit dem Vermieter, weil sie glauben, “vertragstreu“ sein zu müssen, oder weil sie aufgrund der vielen Ausnahmen im Gesetz nicht sicher abklären können, ob ihre Rüge erfolgversprechend ist oder nicht.
Wenn die von der Bundesregierung 2015 beschlossene Mietpreisbremse greifen und das von allen im Bundestag vertretenen Parteien geforderte Instrument funktionieren soll, muss nachgebessert werden. „Wir brauchen einfachere, verständlichere und transparentere Regelungen, außerdem Konsequenzen und ggf. Sanktionen für Vermieter, die sich nicht an die Gesetze halten. Und das so schnell, wie möglich“, sagte Siebenkotten. Der Deutsche Mieterbund fordert:
- Die Mietpreisbremse muss bundesweit und flächendeckend gelten.
- Der Vermieter muss verpflichtet werden, den Mietanteil, der die Obergrenze der Mietpreisbremsen-Regelung überschreitet, von Beginn des Mietverhältnisses an zurückzuzahlen.
- Der Ausnahmetatbestand „Vormiete“ ist ersatzlos zu streichen. Uneingeschränkten Bestandsschutz darf es nicht geben, schon gar nicht für „Wuchermieten“.
- Der Vermieter muss zumindest verpflichtet werden, beim Abschluss des Mietvertrages nachprüfbare Angaben zur Vormiete zu machen, wenn die von ihm geforderte Miete die Mietpreisobergrenze (Vergleichsmiete plus 10 Prozent) überschreitet.
- Das Gleiche muss gelten, wenn der Vermieter sich auf den Ausnahmetatbestand „Modernisierung“ berufen will. Zeitpunkt und Kosten der Modernisierung müssen beim Vertragsabschluss detailliert angegeben werden.
- Neben der Mietpreisbremsen-Regelung ist die Vorschrift des Paragrafen 5 Wirtschaftsstrafgesetz so zu ändern, dass Mieten, die mehr als 20 Prozent über der Vergleichsmiete liegen, grundsätzlich als Ordnungswidrigkeit geahndet und mit einem Bußgeld belegt werden können.
Lukas Siebenkotten: „Die Klarstellungen und Nachbesserungen müssen noch in dieser Legislaturperiode vorgenommen werden, zum Beispiel im Rahmen der zweiten Mietrechtstranche. Bundesjustizminister Heiko Maas hat bereits mehrfach seine Bereitschaft, nachzubessern, erklärt. Wenn jetzt CDU/CSU den Worten ihres wohnungspolitischen Sprechers, Jan-Marco Luczak: ‚Auch die Union will, dass die Mietpreisbremse funktioniert‘, Taten folgen lässt, könnten die notwendigen Verbesserungen kurzfristig beschlossen werden.“
Erläuterungen zu den Regelungen der Mietpreisbremse, Untersuchungsergebnisse im Überblick sowie die Gutachten von RegioKontext und IFSS finden Sie unter www.mieterbund.de.