Mieterschutz wird gekappt
Kiel, den 30.08.2004
Mieterschutz wird gekappt
Am 31.08.2004 läuft der erweiterte Kündigungsschutz aus, den Mieter genießen, deren Wohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurde. Betroffen sind diejenigen Haushalte, deren umgewandelte Wohnung in einer schleswig-holsteinischen Stadt liegt, deren Wohnungsversorgung im Jahre 1994 aufgrund einer Landesverordnung als gefährdet ausgewiesen wurde.
Dazu gehörten die 4 kreisfreien Städte Kiel, Lübeck, Flensburg und Neumünster sowie 19 andere Städte im Lande gemäß Anhang. Für all diese Städte galt bisher: Wenn eine Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurde, so konnte sich der Erwerber frühestens nach Ablauf von 10 Jahren nach der Veräußerung auf berechtigte Kündigungsinteressen – z.B. Eigenbedarf – berufen. Damit wurde die Umwandlungsspekulation erheblich erschwert. Ein Mieter, dessen besonders geschützte Wohnung per 01.05.2000 nach Umwandlung verkauft wurde, hätte also bis zum 30.04.2010 vor einer Eigenbedarfskündigung sicher sein können. Für diesen Mieter endet dieser Schutz nach neuem Recht mithin vorzeitig mit dem 31.08.2004. Mit ihm sind alle anderen Mieterhaushalte betroffen, deren Wohnung in einem besonders geschützten Gebiet liegt, zwischen dem 01.09.1994 und dem 31.08.2001 umgewandelt und verkauft wurde. Für all diese Mietverhältnisse verkürzt sich die Sperrfrist und endet ausnahmslos am 31.08.2004.
Die Sperrfrist beträgt nach neuem Recht nur noch 3 Jahre, weil die Landesregierung von der Möglichkeit, eine neue 10-Jahressperrfrist aufzulegen, keinen Gebrauch gemacht hat. Zwar hat die Landesregierung wohl bei den Kommunen angefragt, ob Bedarf an einer derartigen Regelung besteht – sie hat sich jedoch nicht der Mühe unterzogen, das Umwandlungsgeschehen im Lande sorgfältig zu recherchieren; tatsächlich hat niemand einen genauen Überblick darüber, wie viele Wohnungen tatsächlich von Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Die Kommunen können bestenfalls die sogenannten „Abgeschlossenheitsbescheinigungen“ zählen, die jedoch nicht zwangsläufig Aufschluss darüber geben, wie viele Wohnungen umgewandelt worden sind und ob es sich dabei überhaupt um einen echten Umwandlungsfall handelt. Abgeschlossenheitsbescheinigungen werden nämlich auch für neu gebaute Eigentumswohnungen ausgestellt. Deswegen hatte die Mieterorganisation öffentlich die Forderung erhoben, eine sorgfältige Statistik über das Umwandlungsgeschehen zu führen, damit eine verlässliche Datengrundlage für eine etwaige Sperrfristverordnung geschaffen wird. Das Land hat jedoch die Hände in den Schoß gelegt mit der Begründung, es gebe keine Rechtsgrundlage dafür, die Gemeinden auf das Führen einer derartigen Statistik zu verpflichten.
Für eine derartige Argumentation hat der Landesmieterbund nun gar kein Verständnis. Das Wohnungs- und Städtebauförderungsrecht setzt vermehrt auf freie Vereinbarungen. Im Rahmen freier Vereinbarungen hätten die Kommunen ohne weiteres die Möglichkeit, die nötigen Daten ohne großen Zusatzaufwand zu erheben und zentral auszuwerten. Nach vielen Gesprächen mit den zuständigen Beamten in den Kommunen ist die Mieterorganisation auch überzeugt davon, dass zu einer verbesserten Auswertung des Umwandlungsgeschehens auch eine große Bereitschaft gegeben ist. Diese ist auch bitter nötig: Nach der großen Privatisierungswelle der letzten 5 Jahre sind praktisch alle großen Wohnungsbaugesellschaften über die Ladentheke gegangen; Kieler Werkswohnungen: zersplittert, KWG: verkauft, LEG: scheibchenweise versilbert, BIG-Aktiengesellschaft: von Annington geschluckt. Die neuen Eigentümer haben unisono erklärt, vermehrt umwandeln und „privatisieren“ zu wollen. Zwar soll die Devise gelten, vorrangig an Mieter zu veräußern – die Mieterorganisation schätzt das Potential an Käufern aus dem Bestand jedoch auf maximal 15 Prozent der betroffenen Haushalte ein. Die restlichen Wohnungen werden dann doch früher oder später anderweitig feilgeboten werden.
Aus diesem Grunde wiederholt der Landesmieterbund seine eindringliche Forderung an das Land, das Umwandlungsgeschehen in Schleswig-Holstein sorgfältig zu erfassen und darauf gestützt gegebenenfalls eine neue Landesverordnung mit einer 10-jährigen Sperrfrist in gefährdeten Gebieten zu erlassen.
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Zu Gebieten, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, wurden folgende Gemeinden bestimmt:
Flensburg
Landeshauptstadt Kiel
Hansestadt Lübeck
Neumünster
Kreis Ostholstein:
Bad Schwartau
Zentralort Stockelsdorf, im Westen und Nordwesten begrenzt durch die L 184 und im übrigen begrenzt durch die Gemeindegrenze zu den Städten Bad Schwartau und Lübeck, ohne die Dorfschaften Artrade, Curau, Dissau, Eckhorst, Horsdorf, Klein Parin, Krumbeck, Malkendorf, Obernwohlde und Pohnsdorf.
Kreis Pinneberg:
BarmstedtElmshorn
Halstenbek
Pinneberg
Rellingen
Schenefeld
Uetersen
Wedel
Kreis Rendsburg-Eckernförde:
Eckernförde
Rendsburg
Kreis Schleswig-Flensburg:
Schleswig
Kreis Segeberg:
Norderstedt
Kreis Stormarn:
Barsbüttel
Ahrensburg
Ammersbek
Glinde
Oststeinbek
Reinbek
Verantwortlich: Jochen Kiersch – Kiel