Mieterbund Schleswig-Holstein fordert Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe

Kiel, den 08.06.2000

Mieterbund Schleswig-Holstein fordert Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe

Seit ihrer Einführung war sie umstritten: Die schleswig-holsteinische Fehlbelegungsabgabe hat von Anfang an so kräftig hingelangt, dass sie eine Lawine von gerichtlichen Auseinandersetzungen ausgelöst hat. Der Gesetzgeber hat reagiert und für den zweiten 3-Jahreszeitraum eine „entschärfte Version“ des Gesetzes vorgelegt.

Im jetzt laufenden Erhebungszyklus gibt es allerdings wieder jede Menge Streit und es zeichnet sich ab, dass dies ein Dauerstreit bleiben wird, solange das Land seine Vergleichsmietenerhebung für 3 Jahre durch ein Gutachten festschreibt statt die örtlichen Mietspiegel zugrunde zu legen. Nach Feststellungen der Landesmieterorganisation greift nämlich das der Landesverordnung zugrundeliegende Gutachten viel zu hoch, so dass von den betroffenen Mieterhaushalten weit mehr an Fehlbelegungsabgabe kassiert wird, als dies ihrem „Subventionsvorteil“ entspricht, weil sie als „Fehlbeleger“ eine öffentlich geförderte Wohnung bewohnen. Dieser Sachverhalt führt gleich in mehrfacher Hinsicht zu fatalen Ergebnissen: Zum einen fördert die Fehlbelegungsabgabe dadurch die „soziale Entmischung“ überall dort, wo eine hohe Sozialwohnungsdichte anzutreffen ist. Fehlbelegende Haushalte ziehen aus den so überteuerten Wohnungen aus und verursachen Leerstände oder einseitige Belegungsstrukturen. Um den entgegenzuwirken musste das Land schon weite Bereiche von Mettenhof von der Fehlbelegungsabgabe freistellen und stellt die Wohnungswirtschaft zur Zeit jede Menge weitere Freistellungsanträge. Daneben ist es erforderlich geworden, die soziale Betreuung in den leergefegten Stadtteilen zu intensivieren, und zwar mit hohem finanziellen Aufwand z.B. durch die Programme „Soziale Stadt“ und „Urban“.

Ein übriges tritt hinzu: Die Zahl der Sozialwohnungen sinkt in Schleswig-Holstein dramatisch ab; innerhalb der nächsten 8 Jahre werden von den noch gebundenen ca. 80 Tausend Sozialwohnungen rund die Hälfte ihre Preis- und Belegungsbindungen verlieren. Durch die bereits erfolgten Freistellungen und die Vertreibung der Fehlbeleger sinkt damit die Fehlbelegungsabgabe auf ein Niveau, von dem zu erwarten steht, dass es knapp die Verwaltungskosten decken wird.

Und schließlich: Die Diskrepanzen zwischen der Landesverordnung, die das Vergleichsmietengefüge festlegt und der tatsächlichen Entwicklung vor Ort werden immer größer; der sich entspannende Wohnungsmarkt hat zu teilweise kräftigen Einbrüchen bei den größeren Wohnungen geführt mit der Folge, dass die Wohnungsunternehmen gehalten wären, die Mieten zu senken, um die Vermietbarkeit herzustellen. Tatsächlich führt dies aber nur dazu, dass die Differenz zwischen subventionierter Miete und Landesverordnung noch größer wird, so dass zwar weniger Miete, dafür aber mehr Fehlbelegungsabgabe zu zahlen ist und die Wohnung im Ergebnis doch nicht billiger wird. Die Wohnungswirtschaft hat also keinerlei Veranlassung, über eigentlich erforderliche Mietsenkungen in bestimmten Segmenten nachzudenken, solange dies nur der Investitionsbank zugute kommt.

Der Landesmieterbund appelliert daher an den schleswig-holsteinischen Landtag und die Landesregierung, die Konsequenzen aus dieser Entwicklung zu ziehen und auf eine Neuauflage der Fehlbelegungsabgabe nach dem Ende des laufenden Erhebungszeitraumes zu verzichten. Dies könnte möglicherweise auch den vor dem Verwaltungsgericht Schleswig schwelenden Streit um den laufenden Zyklus entschärfen. Es kommt nicht oft vor: Mit seiner Forderung nach Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe befindet sich der Landesmieterbund in größtmöglicher Übereinstimmung mit der unternehmerischen Wohnungswirtschaft. Dem sollte das Land schleunigst Rechnung tragen.

Nähere Auskünfte erteilen alle schleswig-holsteinischen Mietervereine. Deren Sprechzeiten und Aufnahmebedingungen können bei der Landesgeschäftsstelle des Mieterbundes Schleswig-Holstein, Eggerstedtstr. 1, 24103 Kiel, Telefon 0431/97919-0 erfragt werden.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel

 

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