Kälte, Regen, Wind – Schimmelbelastungen in Wohnungen nehmen wieder zu
Kiel, den 22.11.2005
Kälte, Regen, Wind – Schimmelbelastungen in Wohnungen nehmen wieder zu
Die letzten schönen Herbsttage sind vergangen. Mit dem Witterungsumschwung nehmen in den Beratungsstunden der schleswig-holsteinischen Mietervereine auch die Probleme um Schimmelpilzbildung in den Wohnungen schlagartig wieder zu.
Gut 30 Prozent aller Beratungsfälle drehen sich um Mängel der Mietwohnung, davon betreffen im Winterhalbjahr deutlich mehr als die Hälfte Feuchtigkeitsprobleme und unzulängliche Beheizung. Dies sind rund 4.500 der 25.000 Beratungsfälle, die jährlich von den Mietervereinen bearbeitet werden. Der Landesmieterbund schätzt, dass wenigstens 15 Prozent des schleswig-holsteinischen Wohnungsbestandes entsprechend mehr als 200.000 Wohnungen baubedingt schimmelpilzgefährdet sind, davon etwa die Hälfte Mietwohnungen.
Der Streit um die Ursachen von Schimmelpilzbildung läuft fast immer nach dem gleichen Schema ab: Die Vermieterseite unterstellt dem Mieter unzulängliche Beheizung und Belüftung, die Mieterseite sieht den Vermieter verantwortlich wegen Mängeln der Bausubstanz.
Im Wesentlichen sind zwei Ursachen für Schimmelpilzbildung verantwortlich: Von außen eindringendes Wasser oder undichte Rohrleitungen ziehen fast regelmäßig Schimmelpilzbildung nach sich, und liegen meist eindeutig im Verantwortungsbereich des Vermieters.
Schwieriger stellt sich die Lage bei Schimmelbildung auf Grund von Kondensatfeuchtigkeit dar. In diesen Fällen können unzulängliche Wärmedämmung oder unzulängliches Heizen und Lüften ursächlich sein. Das Landgericht Kiel beispielsweise vertritt dazu folgenden Standpunkt: „Ist offen, worauf der Niederschlag von Kondensat an den Wänden der Mietsache beruht, so hat der Vermieter zu beweisen, dass nur ein vertragswidriges Verhalten des Mieters, etwa unzureichendes Heizen und Lüften dafür in Frage kommt“ (LG Kiel 1 S 8/85).
Und wie heizt und lüftet nun ein Mieter richtig? Die Rechtsprechung zu dieser Frage ist breit gefächert und stark am Einzelfall orientiert. Als Faustformel empfiehlt die Mieterorganisation die Wohnung tagsüber mit wenigstens 20 Grad Celsius zu beheizen und die Temperaturen nachts nicht unter 15 Grad Celsius absinken zulassen. Wer dann morgens und abends gründlich quer lüftet und darauf achtet, dass die relative Luftfeuchtigkeit in der Wohnung die Marke von 60 Prozent nicht überschreitet, liegt auf der sicheren Seite.
Kombinierte Thermo-/Hygrometer, mit deren Hilfe sich Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit gut überwachen lassen gibt es für 15 bis 20 EURO in Baumärkten, Kaufhäusern und bei Optikern. Zwanzig Tipps zum Richtigen Heizen und Lüften sind als Anlage beigefügt.
Und wie verhalten sich Mieter an zweckmäßigsten, wenn es tatsächlich schimmelt? Die Mietervereine empfehlen, sofort den Vermieter zu informieren und Ursachenforschung zu betreiben. Wenn Mieterverschulden als Ursache ausscheidet sollte der Vermieter zur Instandsetzung aufgefordert werden. Und hier fangen die wahren Schwierigkeiten an: Eine ordentliche Sanierung ist häufig nur über eine Verbesserung der Wärmedämmung an der Außenfassade möglich und entsprechend teuer.
Viele Vermieter zeigen eine ausgeprägte Abneigung, kurzfristig kostenintensive Maßnahmen zur Instandsetzung in Auftrag zu geben. Viele Mieter wiederum reagieren dann mit einer grundsätzlich zulässigen Mietminderung, die jedoch erfahrungsgemäß nur in Ausnahmefällen zur Mängelbeseitigung beiträgt. Ungezählt sind die Fälle, in denen Vermieter lieber die Mietminderung hinnehmen, als ihren Instandsetzungspflichten zu genügen. Damit wird der Streit auf das Ende des Mietverhältnisses verlagert, weil es eine ausgeprägte Neigung gibt vermeintlich unzulässige Mietminderungen von der Kaution abzuziehen.
Die Mietervereine empfehlen deshalb die Mängelbeseitigung aktiv zu betreiben. Wenn der Vermieter mit der Mängelbeseitigung in Verzug ist kommt eine Klage auf Instandsetzung in Frage, die jedoch sehr langwierig ist. Alternativ dazu kann der Mieter bei kleineren Schäden die Instandsetzung auch selber in Auftrag geben und mit den anfallenden Kosten gegen die Miete aufrechnen.
Dazu könnte zum Beispiel die Installation eines intelligenten Belüftungssystems gehören, wie es seit einiger Zeit angeboten wird. Dieses System misst in schadensanfälligen Ecken und Nischen die Wandtemperatur und die Luftfeuchtigkeit und sorgt im Bedarfsfalle mit Hilfe eines kleinen Lüfters dafür, dass sich Feuchtigkeit nicht niederschlagen kann. Damit ist auch der Schimmelpilzbildung der Nährboden entzogen. Schimmelpilz ist grundsätzlich gesundheitsgefährdend; wenn Mieterverschulden ausscheidet und der Vermieter die Mängelbeseitigung verweigert kann der Mieter auch fristlos kündigen und seine Kosten als Schadensersatzanspruch gegen den Vermieter geltend machen.
Nähere Auskünfte zu diesen komplexen Thema erteilen alle schleswig-holsteinischen Mietervereine. Deren Anschriften und Beratungszeiten können zentral über die Landesgeschäftsstelle des Mieterbundes in Kiel, Eggerstedtstraße 1, 24103 Kiel oder über das Internet unter www.mieterbund-schleswig-holstein.de abgefragt werden.
Richtig heizen, richtig lüften
20 Tipps des Mieterbundes
Immer wieder kommt es zu Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung. Schimmelpilz und schwarze Flecken sind Mängel der Mietsache, der Vermieter muss diese Schäden beseitigen und der Mieter ist zur Mietminderung berechtigt. Es sei denn, der Mieter hat die Schäden selbst verursacht, weil er zu wenig geheizt und zu wenig gelüftet hat. Lesen Sie, wie Sie letzteres auf jeden Fall vermeiden können.
1. Auch im Herbst und Frühjahr sollten (bei Anwesenheit) folgende Temperaturen eingehalten werden: Im Wohnzimmer, Kinderzimmer und in der Küche 20 Grad Celsius, im Bad 21 Grad Celsius, nachts im Schlafzimmer 14 Grad Celsius. Als Faustregel gilt: Je kühler die Zimmertemperatur, desto öfter muss gelüftet werden.
2. Die Heizung auch bei Abwesenheit tagsüber nie ganz abstellen. Ständiges Auskühlen und Wiederaufheizen ist teurer, als das Halten einer abgesenkten Durchschnittstemperatur.
3. Innentüren zwischen unterschiedlich beheizten Räumen tags und nachts geschlossen halten.
4. Nicht vom Wohnzimmer das Schlafzimmer mitheizen. Das „Überschlagenlassen“ des nicht geheizten Schlafzimmers führt nur warme, das heißt feuchte Luft ins Schlafzimmer; diese schlägt dort ihre Feuchtigkeit nieder.
5. Richtig lüften bedeutet: Die Fenster kurzzeitig (5 Minuten reichen oft schon aus) ganz öffnen (Stoßlüften). Kippstellung ist wirkungslos und verschwendet Heizenergie.
6. Morgens in der Wohnung einen kompletten Luftwechsel durchführen. Am besten Durchzug machen, ansonsten in jedem Zimmer das Fenster weit öffnen.
7. Die Mindestzeit für die Lüftung hängt von dem Unterschied der Zimmertemperatur zur Außentemperatur und davon ab, wie viel Wind weht.
8. Selbst bei Windstille und geringem Temperaturunterschied reichen in der Regel 15 Minuten Stoßlüftung aus.
9. Je kälter es draußen ist, desto kürzer muss gelüftet werden.
10. Einmal täglich lüften genügt nicht. Vormittags und nachmittags nochmals die Zimmer lüften, in denen sich Personen aufgehalten haben. Abends einen kompletten Luftwechsel inklusive Schlafzimmer vornehmen.
11. Nicht von einem Zimmer in ein anderes, sondern nach draußen lüften.
12. Bei innen liegendem Bad ohne Fenster auf dem kürzesten Weg (durch ein anderes Zimmer) lüften. Die anderen Türen geschlossen halten. Besonders nach dem Baden oder Duschen soll sich der Wasserdampf nicht gleichmäßig in der Wohnung verteilen.
13. Große Mengen Wasserdampf (z. B. durch Kochen) möglichst sofort nach draußen ablüften. Auch hier durch Schließen der Zimmertüren verhindern, dass sich der Dampf in der Wohnung verteilt.
14. Wenn Wäsche in der Wohnung getrocknet werden muss, weil ein Trockenraum fehlt, dieses Zimmer öfter lüften. Zimmertüre geschlossen halten.
15. Nach dem Bügeln lüften.
16. Auch bei Regenwetter lüften. Wenn es nicht gerade zum Fenster hereinregnet, ist die kalte Außenluft trotzdem trockener als die warme Zimmerluft.
17. Luftbefeuchter sind fast immer überflüssig.
18. Bei Abwesenheit über Tage ist natürlich auch das Lüften tagsüber nicht möglich, aber auch nicht nötig! Hier reicht es, morgens und abends richtig zu lüften.
19. Bei neuen, besonders dichten Isolierglasfenstern häufiger lüften als früher. Auch dann spart man im Vergleich zum alten Fenster Heizenergie.
20. Große Schränke sollten nicht zu dicht an kritische Wände angerückt werden. Aber: Zwei bis vier Zentimeter Abstand müssen reichen.
Weitere Informationen in der DMB-Broschüre „Wohnungsmängel und Mietminderung“, die zum Preis von 5,00 Euro bei allen örtlichen Mietervereinen gekauft oder im Internet unter www.mieterbund-schleswig-holstein.de bestellt werden kann.
Verantwortlich: Jochen Kiersch – Kiel