Deutscher Mieterbund Landesverband Schleswig-Holstein zum 20. April „Tag gegen Lärm“: Neun Regeln zur Verringerung von Alltags- und Wohnungslärm Zunehmende Beratungsnachfrage bei den schleswig-holsteinischen Mietervereinen
Kiel, den 20.04.2005
Deutscher Mieterbund Landesverband Schleswig-Holstein zum 20. April „Tag gegen Lärm“: Neun Regeln zur Verringerung von Alltags- und Wohnungslärm Zunehmende Beratungsnachfrage bei den schleswig-holsteinischen Mietervereinen
Die Frage, wie viel Alltagslärm rund um die Wohnung von Mieterinnen und Mietern geduldet werden muss, wird immer wichtiger. Schon heute fühlen sich 35 Prozent aller Bundesbürger durch Nachbarschaftslärm belästigt. Lärm im Mehrfamilienhaus ist einer der Hauptgründe für Streit unter Nachbarn.
Dies schlägt sich auch in der Beratungsstatistik der schleswig-holsteinischen Mietervereine nieder. Gut 25 Prozent aller Beratungsfälle drehen sich um Mängel des Mietobjektes. Ein Gutteil dieser Sachverhalte befasst sich mit Störungen durch Lärm – davon wieder der größere Teil durch Nachbarschaftslärm. Die schleswig-holsteinischen Mietervereine versuchen primär derartige Auseinandersetzungen zu entschärfen durch vermittelnde Gespräche zwischen den Nachbarn. Wenn dies nicht fruchtet und Mieter weiterhin durch Nachbarschaftslärm beeinträchtigt werden, hilft allerdings nur noch die Inanspruchnahme des Vermieters.
Anlässlich des internationalen „Tages gegen Lärm“ am 20. April 2005 veröffentlicht der Mieterbund Schleswig-Holstein neun Regeln zur Lärmvermeidung bzw. Lärmverminderung.
1. Rücksicht nehmen
Jeder hat das Recht, in seiner Wohnung ohne Beeinträchtigung durch störende Geräusche leben zu können. Auf der anderen Seite kann aber niemand Wohnung, Balkon, Terrasse oder Garten völlig geräuschlos nutzen. Trotz guten Schallschutzes und Beachtung von Immissionsschutzgesetzen oder Lärmschutzvorschriften, DIN-Normen und VDI-Regelungen muss beim Zusammenleben in Mehrfamilienhäusern grundsätzlich Rücksicht auf die Nachbarn genommen und mitunter auch Nachsicht ihnen gegenüber geübt werden.
2. Nachtruhe einhalten
Durch die Immissionsschutzgesetze der Länder wird die „Nachtruhe“, das heißt die Zeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr, besonders geschützt. Während dieser Zeit sind alle Tätigkeiten verboten, die die Nachtruhe stören könnten. Das heißt: Keine Hausmusik mehr, die Lautstärkeregler für Fernseher, Radio, CD-Player usw. sind zurückzudrehen, so dass außerhalb der Wohnung nichts zu hören ist.
3. Sonn- und Feiertagsruhe beachten
Gegenüber Werktagen gelten verstärkte Lärmschutzregelungen. So dürfen beispielsweise aufgrund einer Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung an Sonn- und Feiertagen Rasenmäher, Motorkettensägen, Heckenscheren und Vertikutieren in Wohngebieten nicht mehr benutzt werden. Auch Bauarbeiten im Haus oder in der Nachbarschaft sind verboten.
4. Allgemeine Ruhezeiten berücksichtigen
Morgens, zum Beispiel zwischen 6.00 und 7.00 Uhr, oder abends von 20.00 bis 22.00 Uhr können aufgrund der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung oder anderer Lärmschutzbestimmungen der Länder und Kommunen ebenfalls „verschärfte“ Regelungen gelten. So dürfen beispielsweise motorbetriebene Geräte, wie Rasenmäher, Rasentrimmer, Kantenschneider, Heckenscheren usw. werktags nicht vor 9.00 Uhr und nicht nach 20.00 Uhr, teilweise schon nicht nach 17.00 Uhr benutzt werden. Außerdem auch nicht in der Mittagszeit. Müllcontainer und Abfallsammelbehälter dürfen zwischen 20.00 und 7.00 Uhr nicht benutzt werden.
5. Mittagsruhe freiwillig einhalten
Während der Mittagszeit, das heißt zwischen 13.00 und 15.00 Uhr, gibt es in der Regel keinen besonderen Lärmschutz. Allenfalls vor Ort, zum Beispiel in Kurorten, können über eine Satzung oder Verordnung einschränkende Bestimmungen erlassen werden. Im Übrigen kann „Mittagsruhe“ nur über den Mietvertrag bzw. eine Hausordnung zwischen Vermieter und Mieter vereinbart werden. Auch hier gilt das Gebot der allgemeinen Rücksichtnahme.
6. Zimmerlautstärke kennen
Wird Musik gespielt oder der Fernseher in einer Lautstärke betrieben, dass er außerhalb des Zimmers noch deutlich in der Nachbarwohnung wahrnehmbar ist, ist „Zimmerlautstärke“ sicherlich überschritten. Nach einem Urteil des Landgerichts Hamburg (317 T 48/95) setzt Zimmerlautstärke aber nicht voraus, dass sich die Vernehmbarkeit der Musik auf den Raum des Wiedergabegerätes beschränkt und überhaupt keine Geräusche zum Nachbarn dringen. Erst wenn die Lautstärke über das hinaus geht, was unter Einbeziehung der baulichen Verhältnisse nicht mehr als normales Wohngeräusch in die Nachbarwohnung dringt, wird das Maß der Zimmerlautstärke überschritten.
7. Schallschutzvorschriften beachten, Schallschutz vereinbaren
Die VDI-Richtlinie 4100 enthält neben der DIN 4109 Kriterien und Vorgaben für den Schallschutz, die insbesondere bei Neubau- und Umbaumaßnahmen zu beachten sind. Unter anderem werden hier auch drei verschiedene Schallschutzstufen unterschieden.
Bei Schallschutzstufe 1 und einem Grundgeräuschpegel von 20 dB(A) ist zum Beispiel „Sprache mit angehobener Sprechweise“ in der Nachbarwohnung im Allgemeinen verstehbar, wirken Gehgeräusche im Allgemeinen störend und sind unzumutbare Belästigungen durch Geräusche aus haustechnischen Anlagen nicht auszuschließen.
Bei Schallschutzstufe 2 ist das Sprechen im Allgemeinen nicht mehr verstehbar, sind Gehgeräusche normalerweise nicht mehr störend und wirken die Geräusche aus haus-technischen Anlagen nur noch gelegentlich störend.
Bei Schallschutzstufe 3 sind diese Geräusche nicht mehr zu vernehmen.
Wer auf hohen Schallschutz Wert legt, sollte bei Anmietung der Wohnung nachfragen und die entsprechende Schallschutzstufe als „vertraglich geschuldet“ vereinbaren.
8. Unzumutbare oder erhebliche Lärmbeeinträchtigungen verboten
Schutz gegen laute Hausmusik, lautstarkes Feiern bei Partys oder zu laut eingestellte Fernseh- bzw. Radiogeräte bietet aber selbst die Schallschutzstufe 3 nicht. Deshalb gilt auch außerhalb der allgemeinen Ruhezeiten oder der Nachtruhe, dass rücksichtsloses Lärmen immer verboten ist, § 117 Ordnungswidrigkeitengesetz.
So dürfen beispielsweise nach den Immissionsschutzgesetzen der Länder Radio, CD-Player usw. immer nur in einer Lautstärke betrieben werden, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden. Dies gilt auch für Musikinstrumente, deren Geräusche für Nachbarn nicht objektiv unzumutbar werden dürfen.
9. Kinderlärm – Toleranz erforderlich
Ob und inwieweit Geräusche und Lärm als störend und belästigend empfunden werden, hängt nicht nur vom Lärmpegel, der Uhrzeit und der Art des Geräusche ab. Auch das Verhältnis der Nachbarn zu einander ist von Bedeutung. Toleranz gegenüber den Mitbewohnern, vor allem auch Verständnis für deren konkrete Lebenssituation sind wichtig. Insbesondere Kleinkinder und Säuglinge halten sich nicht an Nachtruhe, allgemeine Ruhezeiten oder Zimmerlautstärke. Hier gilt richtiger Weise nach Ansicht der Gerichte eine erweiterte Toleranzgrenze.
Weitere Informationen bei allen örtlichen Mietervereinen, Telefon 01805 / 835 835.
Verantwortlich: Jochen Kiersch – Kiel