WOBAU-Verkäufe: Kayenburg-Vorschlag indiskutabel
Kiel, den 19.11.97
WOBAU-Verkäufe: Kayenburg-Vorschlag indiskutabel
Mit größtem Nachdruck weist der Landesmieterbund den Vorschlag des CDU-Landtagsfraktionsvorsitzenden Kayenburg zurück, Teile des Wohnungsbestandes der WOBAU Schleswig-Holstein an die Mieter zu veräußern. Zum einen sei der Vorschlag offenbar nicht zu Ende gedacht, zum anderen erforderten die Rahmenbedingungen am Wohnungsmarkt viel eher eine Aufstockung der Sozialwohnungsbestände. Im einzelnen:
Seit längerem zeichnet sich auf dem Wohnungsmarkt eine tiefgreifende Veränderung ab, die zugleich ein Spiegelbild der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Wohnbevölkerung darstellt; so ist unübersehbar, daß die Mieten im Spitzensegment insbesondere bei großen und gut ausgestatteten Wohnungen stagnieren, teilweise sogar deutlich nachgeben. Dieses Phänomen schlägt allerdings nicht auf einfacher ausgestattete und Durchschnittswohnungen durch, vielmehr finden wir dort immer noch Steigerungsraten, die deutlich über denen der Lebenshaltungskosten liegen und zusammen mit den Steigerungen im Bereich der Betriebskosten zu einer immer höheren Wohnkostenbelastung insbesondere der finanziell schwächer gestellten Haushalte führen. Im Verbund mit sinkenden Reallöhnen entsteht daher ein immer stärkerer Nachfragedruck auf preiswerten Wohnraum, wie ihn beispielsweise die WOBAU Schleswig-Holstein vorhält. Gerade das landeseigene Unternehmen, welches sich im Vergleich zu anderen Unternehmen der ehemals gemeinnützigen Wohnungswirtschaft durchaus positiv darstellt, bietet eine gute Manövriermasse, um an verschiedenen Standorten des Landes das Vergleichsmietengefüge dämpfend zu beeinflussen.
Dies alles gilt um so mehr, als der Sozialwohnungsbestand in Schleswig-Holstein dahinschmilzt wie Butter an der Sonne. Mit Bindungsverlusten bis zu 8.000 Einheiten jährlich wird der Bestand im klassischen sozialen Wohnungsbau bis zum Jahre 2005 auf annähernd die Hälfte wegschmelzen, so daß es um so wichtiger ist, die noch gebundenen Bestände zusammenzuhalten, um Steuerungsinstrumente in der Hand zu behalten.
Aber auch die wohlfeile Idee, Wohnungsbestände „nur an Mieterhaushalte“ zu veräußern, ist nicht unbedingt ein Ausweis besonderer Kompetenz; die jüngsten Wohnungsverkäufe von großen Kieler Wohnungsunternehmen haben bewiesen, daß gerade mal 10 bis 15 % der betroffenen Mieterhaushalte in der Lage und willens sind, ihre eigene Wohnung zu kaufen. Darüber hinaus sitzen diese Haushalte keineswegs zusammen in fest eingrenzbaren Wohnungsbestände, sondern verteilen sie sich über den gesamten Bestand vermischt mit einer Mehrheit von Mietern, die weder kaufen können, noch kaufen wollen. Übertragen auf die WOBAU liegt auf der Hand, daß eine Größenordnung von 5.000 Wohnungen im Verkauf an die Mieter gar nicht zu realisieren ist. Selbst wenn man den Gesamtbestand der WOBAU-Wohnungen zum Verkauf feilböte, wären maximal 3.000 Wohnungen an Mieterhaushalte veräußerbar um den Preis einer Aufteilung des gesamten Wohnungsbestandes. Im Ergebnis käme dies einer Zerschlagung der WOBAU gleich. Dies ist zweifellos das letzte, was angesichts wachsender Nachfrage nach preiswertem Wohnraum gebraucht wird. Derartige Überlegungen, so der Landesmieterbund, gehören nicht zurück in die Schieblade, sondern schnellstmöglich in den Papierkorb.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel