Landesmieterbund tagt in Rendsburg Der schleswig-holsteinische Wohnungsmarkt im 1. Quartal 1998
Kiel, den 13.03.98
Landesmieterbund tagt in Rendsburg
Der schleswig-holsteinische Wohnungsmarkt im 1. Quartal 1998
Vom 13. bis zum 14. März 1998 findet der Landesverbandstag 1998 des Mieterbundes Schleswig-Holstein im Rendsburger „Conventgarten“ statt. Im Rahmen dieser Veranstaltung zieht der Landesmieterbund für das 1. Quartal 1998 folgende Bilanz:
Zahl der wohnungssuchend gemeldeten Haushalte in Schleswig-Holstein sinkt weiter
Von 1989 bis 1994 stieg sie kontinuierlich an; im Jahre 1995 kehrte sich der Trend um, seitdem sinkt die Zahl der wohnungssuchend gemeldeten Haushalte in Schleswig-Holstein wieder deutlich ab. Grundlage ist eine Umfrage bei den Wohnungsämtern der 25 größten Städte und Gemeinden im Land, die nunmehr seit 10 Jahren regelmäßig im 1. Quartal eines Jahres durchgeführt wird. Wenn auch die Erhebungsgrundlagen in den einzelnen Kommunen durchaus unterschiedlich sind, so ergibt die langfristige Betrachtung doch ein sehr präzises Bild von der Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt. Allerdings birgt die landesweite Betrachtung durchaus die Gefahr in sich, daß deutliche regionale Unterschiede dabei verwischt werden. So verharrt das Ergebnis in der Landeshauptstadt Kiel mit einer Schwankungsbreite von ca. 10 % bei knapp über 3 Tausend wohnungssuchend gemeldeten Haushalten. Anderenorts z.B. in Lübeck ist eine deutliche Entspannung zu verzeichnen. Dort betrug die Zahl im Jahre 1989 2.553 Haushalte, stieg bis 1993 auf 4.133 Haushalte an und ist seitdem auf 1.967 wohnungssuchend gemeldete Haushalte kontinuierlich abgesunken. Ähnlich, wenn auch deutlich abgeschwächt, verhält sich die Entwicklung auch im hamburgischen Umland. Hochgerechnet auf das ganze Land geht der Landesmieterbund davon aus, daß zur Zeit immer noch rund 31.500 Haushalte landesweit wohnungssuchend gemeldet sind und damit deutlich mehr als 1989 – dem ersten Jahr dieser Erhebung.
Die Wohnungsbautätigkeit
Die Wohnungsbautätigkeit im Lande bewegt sich nach wie vor auf hohem Niveau. So wurden zwischen August 1996 und Juli 1997 landesweit 17.868 Wohnungen zum Neubau genehmigt, die sich zum größten Teil in der Bauphase befinden. Hinzu kommen 2.286 Wohnungen, deren Erstellung in Nichtwohngebäuden geplant ist. zwar steht fest, daß von den sich so ergebenden 20.154 Baugenehmigungen gut 10 % abzuziehen sind, die wieder in den Schubladen verschwinden, trotzdem ist dies ein respektables Ergebnis. Dabei legt der Kreis Segeberg, der binnen Jahresfrist 2.019 Baugenehmigungen erteilt hat, gefolgt vom Kreis Pinneberg mit 1.778 Baugenehmigungen deutlich an der Spitze. Das Schlußlicht bildet die kreisfreie Stadt Flensburg mit 241, gefolgt von Neumünster mit 352 Baugenehmigungen.
Bei alledem verzeichnet der Landesmieterbund eine deutliche Verschiebung in der Bautätigkeit zwischen unterschiedlichen Wohnungstypen. So wurden von Januar bis Juli 1995 noch 6.500 Wohnungen, entsprechend 56 %, in Gebäuden mit 3 und mehr Wohnungen errichtet. Diese Zahl ist im gleichen Zeitraum 1996 auf 5.091 Wohnungen, entsprechend 48 %, abgesackt. Der Vergleichszeitraum des Jahres 1997 hat zwar mit 5.163 Baugenehmigungen eine leichte Steigerung mit sich gebracht, trotzdem entspricht dies nur noch einem Anteil von 46 % Geschoßwohnungsbau, weil gleichzeitig die Zahl der Baugenehmigungen für 1- und 2-Familien-Häuser deutlich stärker zugelegt hat.
Fazit des Landesmieterbundes zu dieser Entwicklung: Wenn es gelingt, die Bautätigkeit auf diesem Niveau zu halten, kann mit einer weiteren Entspannung auf dem Wohnungsmarkt gerechnet werden.
Die Entwicklung der Wohnungsleerstände
Einer der wohnungswirtschaftlichen Verbände hat unlängst die These vom gesättigten Wohnungsmarkt verkündet und eine Einschränkung der Mietwohnungsbauförderung sowie die Aufhebung verschiedener Mieterschutzverordnungen in Schleswig-Holstein gefordert. Als Indiz für ein Wohnungsüberangebot mußten die vereinzelten Wohnungsleerstände im Lande herhalten, z.B. die in Flensburg und Kiel. Dieser Sachverhalt ist vom Landesmieterbund sorgfältig recherchiert worden. Das Ergebnis stellt den Sachverhalt in einem völlig anderen Licht dar. Tatsächlich sind vereinzelte Leerstände nicht darauf zurückzuführen, daß zu viele Wohnungen gebaut wurden, sondern darauf, daß in der jeweiligen Region teilweise starke Abwanderungstendenzen stattfinden. Zu diesem Zweck hat der Landesmieterbund die Einwohnerzahlen der Kreise und kreisfreien Städte per 31.12.1994 und 1996 gegenübergestellt. Das Ergebnis spricht für sich. Die kreisefreie Stadt Flensburg hat in diesem Zeitraum 1.309 Einwohner verloren – die Landeshauptstadt Kiel gar 2.858.
Da diese Entwicklung auch im Jahre 1997 nicht abgerissen ist, kann davon ausgegangen werden, daß Flensburg bis zum 31.12.1997 rund 2.000 und die Landeshauptstadt Kiel rund 3.000 Einwohner verloren haben wird. Damit sind alleine durch Abwanderung in Kiel rund 1.200 Wohnungen zusätzlich zu den neu gebauten auf der Angebotsseite erschienen. In Flensburg dürften es etwa 800 Wohnungen sein, die durch Fortzug freigeworden sind. Ganz generell gilt für alle kreisfreien Städte, daß diese Einwohnerverluste in beachtlichen Größenordnungen zu verzeichnen haben, während in den Kreisen durchweg Zuwachs herrscht. Diese müssen zum einen die Wegzüge aus den kreisfreien Städten aufnehmen, zum anderen die Zuzüge nach Schleswig-Holstein. Aus diesem Grunde ist die Gesamtbilanz zwischen dem 31.12.1994 und dem 31.12.1996 für Schleswig-Holstein mit 34.000 Neubürgern immer noch auf Wachstum ausgelegt. Hieran wird sich auch in absehbarer Zeit nichts ändern. Dabei sind es insbesondere die Hamburg nahen Kreise, die überproportional zugelegt haben, sowie der Kreis Rendsburg-Eckernförde, der einen Großteil der Wegzüge aus Kiel absorbiert (siehe Tabelle).
Kreisfreie Stadt Kreis |
Einwohner 31.12.1994 |
Einwohner 31.12.1996 |
Veränderung absolut |
Veränderung in % |
Flensburg |
87.939 |
86.630 |
-1.309 |
-1,49 |
Kiel |
246.586 |
243.728 |
-2.858 |
-1,16 |
Lübeck |
216.854 |
215.673 |
-1.181 |
-0,54 |
Neumünster |
81.996 |
81.796 |
-200 |
-0,24 |
Dithmarschen |
132.963 |
134.927 |
1.964 |
1,48 |
Herzogtum Lauenburg |
168.165 |
172.133 |
3.968 |
2,36 |
Nordfriesland |
157.617 |
160.725 |
3.108 |
1,97 |
Ostholstein |
196.362 |
198.276 |
1.914 |
0,97 |
Pinneberg |
280.937 |
284.854 |
3.917 |
1,39 |
Plön |
124.562 |
127.167 |
2.605 |
2,09 |
Rendsburg-Eckernförde |
255.449 |
260.723 |
5.274 |
2,06 |
Schleswig-Flensburg |
186.300 |
190.659 |
4.359 |
2,34 |
Segeberg |
233.938 |
239.705 |
5.767 |
2,47 |
Steinburg |
131.914 |
133.974 |
2.060 |
1,56 |
Stormarn |
206.810 |
211.323 |
4.513 |
2,18 |
Gesamt |
2.708.392 |
2.742.293 |
33.901 |
1,25 |
Der Landesmieterbund leitet aus diesen Erkenntnissen folgende Forderungen ab:
Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß das Land jährlich immer noch zwischen 15.000 und 20.000 Neubürger aufzunehmen hat, darf die Wohnungsbauförderung auf keinen Fall eingeschränkt werden. Der Landesmieterbund hält es für unseriös, vereinzelte Wohnungsleerstände in ein Überangebot am Wohnungsmarkt ummünzen zu wollen. Ein Überangebot an Wohnungen mit negativer Bevölkerungsbilanz dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, daß in den Zuzugsregionen immer noch ein steigender Bedarf herrsche. Insgesamt müsse der Wohnungsmarkt sehr viel differenzierter betrachtet werden und sei platten Behauptungen wie „die Mieten sinken“ nicht zugänglich.
Die Mietenentwicklung
Im deutlichen Widerspruch zu der eher freundlichen Bautätigkeit steht nach Untersuchungen des Landesmieterbundes die Mietenentwicklung. Hier waren seit Beginn des Jahres 1993 langsam, aber stetig sinkende Steigerungsraten zu verzeichnen. Der Tiefststand bei den Nettomieten war mit Beginn des Jahres 1996 erreicht. Seinerzeit stiegen Altbauwohnungen im mittleren Wohnwert gegenüber dem Vorjahr um 1,4, vergleichbare Neubauwohnungen um 0,2 und öffentlich geförderte Wohnungen um 0,9 % an. Schon für Juni 1997 meldet das Statistische Landesamt Meßzahlen, wonach Altbauwohnungen mittleren Wohnwertes um 2,7, vergleichbare Neubauwohnungen um 2,5 und die öffentlich geförderten Wohnungen sogar um 2,9 % gegenüber den Werten des Vorjahres liegen. Damit wird die Mär von „sinkenden Mieten“ deutlich widerlegt.
Der Landesmieterbund bestreitet allerdings nicht, daß in Regionen mit großen Abwanderungstendenzen und bei erstklassigen Mietwohnungen im Spitzensegment die Preise bröckeln. Dieser Tatbestand ist jedoch (leider) nicht zu verallgemeinern. Für die Zukunft fordert der Landesmieterbund insbesondere ein anhaltend hohes Niveau der öffentlich geförderten Mietwohnungen, weil der Sozialwohnungsbestand wegen auslaufender Bindungen in immer schnellerem Tempo abschmilzt. Zum anderen fordert der Landesmieterbund die Landesregierung auf, energische Maßnahmen gegen den galoppierenden Anstieg der Betriebskosten einzuleiten. Ein Mittel dazu könnte die Einführung von modifizierten Bruttomieten sein, neben denen nur noch diejenigen Betriebskosten umgelegt werden dürfen, die verbrauchsabhängig sind und auf die der Mieter einen unmittelbaren Einfluß hat. Nur auf diesem Wege werde es möglich sein, die Vermieter, insbesondere die unternehmerische Wohnungswirtschaft zu zwingen, mehr Kostenbewußtsein im Betriebskostenbereich zu entwickeln.
Ganz besonders fordert die Landesmieterorganisation allerdings verlängerte Bindungsfristen bei der neuen sogenannten „Vereinbarten Förderung“. Während diese Bindungsfristen im klassischen sozialen Wohnungsbau früher durchschnittlich 45 Jahre lang anhielten, betragen sie bei der „Vereinbarten Förderung“ nur noch 35, im schlechtesten Falle sogar nur 25 Jahre. Dies höhle den sozialen Wert der solchermaßen geförderten Wohnungen aus. Darüber könne auch das vergleichsweise hohe Niveau der Wohnungsbauförderung nicht hinwegtäuschen.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel