Mieterbund Schleswig-Holstein zur Mietrechtsreform

Kiel, den 19.07.2000

Mieterbund Schleswig-Holstein zur Mietrechtsreform

Mit großem Bedauern nimmt der Landesmieterbund zur Kenntnis, dass das Bundeskabinett den ursprünglichen Entwurf der Mietrechtsreform noch einmal „abgespeckt“ hat. Nach Art der Springprozession sind gerade die Vorzüge beschnitten worden, die der Reform ihren Reiz gegeben haben. Im Einzelnen:

Die Einbeziehung der bisher sehr zersplitterten Mietgesetzgebung in das BGB wird vom Landesmieterbund nach wie vor ausdrücklich begrüßt. Dies gilt auch für die sprachliche Überarbeitung und die Straffung der einzelnen Bestimmungen. Auch die Absenkung der Kappungsgrenze von bisher 30 auf zukünftig 20 Prozent sieht der Landesmieterbund als eine echte Verbesserung, die allerdings auch überfällig war angesichts der Tatsache, dass Erhöhungssprünge von 30 Prozent, wie sie in der Vergangenheit durchaus häufig vorkamen, für den Normalhaushalt nur schwer zu verkraften sind. Schließlich begrüßt der Landesmieterbund die Tatsache, dass die Mieterhöhungsmöglichkeit wegen gestiegener Kapitalkosten ersatzlos gestrichen werden soll. Die Bestimmung wird vom Landesmieterbund ohnehin als systemfremd angesehen und begünstigte im Wesentlichen die Spekulanten in der Branche. Das Eintrittsrecht eines Haushaltsangehörigen in den Mietvertrag stellt sich ebenfalls als echte Verbesserung dar, die mehr Rücksicht auf veränderte Lebensgewohnheiten bringt.

Die Neuregelung bringt allerdings auch jede Menge Schatten; so steht plötzlich die 10-Jahres-Kündigungssperrfrist zur Disposition, die in Schleswig-Holstein die Mieterschaft in allen kreisfreien Städten, sowie in 20 weiteren Städten und Gemeinden schützt. Danach soll der Vermieter im Falle einer Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zukünftig berechtigt sein, schon nach 3 Jahren Eigenbedarf anzumelden, wenn er dem Mieter eine Ersatzwohnung nachweist und die Umzugskosten trägt. Der Streit um die Zumutbarkeit derartiger Ersatzobjekte ist vorprogrammiert und es ist abzusehen, dass genau um diese Frage vor Gericht heftig gestritten werden wird. Auch das Recht zur fristlosen Kündigung gegenüber einem Mieter, der den Hausfrieden nachhaltig stört, ohne dass er es zu verschulden hätte – z.B. wegen Krankheit oder durch seine Besucher – hält der Landesmieterbund für unakzeptabel.

Mit großem Bedauern nimmt der Mieterbund Schleswig-Holstein die Tatsache zur Kenntnis, dass die einheitliche Absenkung der mieterseitigen Kündigungsfrist auf 3 Monate so schnell gegangen wie sie gekommen ist. Diese eigentlich sehr hilfreiche Verbesserung ist jetzt auf eine maximal 6 monatige Frist zurechtgestutzt worden. Damit wird die gewünschte Mobilität von Arbeitnehmerhaushalten gerade nicht gefördert und erfährt das alte Streitpotential nur eine geringfügige Einschränkung.

Auch der Rückzug bei der Modernisierungsmieterhöhung ist nach Auffassung des Landesmieterbundes kein Ruhmesblatt; die Organisation hält die 11-prozentige Modernisierungsmieterhöhung gleichermaßen für systemfremd. Jeder Vermieter hat die Möglichkeit, seine modernisierte Wohnung mit vergleichbaren Wohnungen des besseren Standards zu vergleichen und eine entsprechende Miethöhe zu verlangen. Dies macht die Modernisierungsmieterhöhung entbehrlich. Es wäre ein akzeptabler Kompromiss gewesen, wenn sie von 11 auf 9 Prozent zurückgenommen worden wäre. Der plötzliche Rückzug des Kabinetts stellt zusammen mit den anderen Verschlechterungen allerdings die Zustimmung der Mieterorganisation nachhaltig in Frage.

Als gerade kontraproduktiv bezeichnet der Landesmieterbund die Absicht des Kabinetts, für qualifizierte Mietspiegel die zusätzliche Anforderung aufzustellen, dass sie von der Interessenvertretung der Mieter und Vermieter anerkannt sein muss. Dies wäre das Ende der Mietspiegel in Schleswig-Holstein, da die hiesige Organisation von Haus & Grund Mietspiegel kategorisch ablehnt, sie für Teufelswerk hält und dem Einvernehmen in diesem Bereich nicht einmal andeutungsweise zugänglich ist. Es steht zu befürchten, dass bei einer derartigen Neuregelung die Kommunen auf die Aufstellung von Mietspiegel verzichten, wenn sie absehen können, dass die Interessenvertretungen nicht zustimmen. Die Landeshauptstadt Kiel hätte dann im Ergebnis 400 Tausend DM zum Fenster hinausgeworfen und würde sich womöglich erpressbar machen.

Der Landesmieterbund verfolgt das Zurückrudern bei der Mietrechtsreform mit großem Misstrauen und fordert den Bundesgesetzgeber auf, zu vernünftigen Kompromissen zurückzufinden.

Nähere Auskünfte erteilen alle schleswig-holsteinischen Mietervereine. Deren Sprechzeiten und Aufnahmebedingungen können bei der Landesgeschäftsstelle des Mieterbundes Schleswig-Holstein, Eggerstedtstr. 1, 24103 Kiel, Telefon 0431/97919-0 erfragt werden.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel

 

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