Absacken der Wohnungsbautätigkeit führt in neuen Wohnungsengpass
Kiel, den 12.02.2002
Absacken der Wohnungsbautätigkeit führt in neuen Wohnungsengpass
Der dramatische Einbruch bei den Baugenehmigungen führt nach Auffassung des Landesmieterbundes unmittelbar in einen neuen Wohnungsengpass. Von den 11.100 Baugenehmigungen des Jahres 2001 werden nach Einschätzung des Landesmieterbundes im Ergebnis weniger als 10.000 umgesetzt und zu neuen Wohnungen führen.
Danach ist zu erwarten, dass das Jahressoll von ungefähr 15.000 Neubauwohnungen um glatt 30 Prozent unterschritten wird. Der jährliche Neubaubedarf für Schleswig-Holstein lässt sich mit wenigen Eckdaten eingrenzen: so rechnet der Landesmieterbund mit einem Ersatzbedarf von rund 4.000 Wohnungen jährlich für Wohnungen, die durch Abbruch, Zusammenlegung und dauerhafte Zweckentfremdung verloren gehen. Hinzukommt, dass die Bevölkerungsentwicklung in Schleswig-Holstein durch Wanderungsgewinne immer noch positiv ist. Ca. 9.000 Neubürger jährlich lösen einen zusätzlichen Wohnungsbedarf von ca. 4.000 Wohnungen aus. Eine wesentliche Größe resultiert aus dem anhaltenden Wohnflächenzuwachs; seit Jahrzehnten nimmt die Wohnfläche je Einwohner um ca. einen halben Quadratmeter jährlich zu. Für 2,7 Millionen Schleswig-Holsteiner bedeutet dies einen Wohnflächenzuwachs von 1,35 Millionen Quadratmetern jährlich entsprechend 18.000 Wohnungen zu 75 Quadratmetern. Selbst wenn man berücksichtigt, dass darin auch die Ferienwohnungen eingeschlossen sind, wird offenbar, dass eine Neubautätigkeit unter 15.000 Wohnungen jährlich direkt ins Defizit führt.
Erste Anzeichen für Veränderungen am Wohnungsmarkt lassen sich aus übereinstimmenden Hinweisen der Wohnungswirtschaft entnehmen, wonach sich die Wohnungsleerstände sukzessive abbauen und die Fluktuationsrate langsam absinkt. Damit ist es aber nur noch eine Frage der Zeit, dass aus dem zur Zeit latenten Überangebot eine neue Mangellage wird. Dabei hilft es wenig, dass der Wohnungsmarkt in Flensburg oder an der Westküste immer noch ein gutes Angebot vorhält, wenn im südlichen Landesteil die Schlangen der Wohnungsuchenden wieder länger werden.
Warnend weist der Landesmieterbund daraufhin, dass eine Wiederbelebung der Wohnungsbautätigkeit einen erheblichen zeitlichen Vorlauf benötigt. So wird es viel Zeit in Anspruch nehmen, bis wieder in ausreichenden Maße Baulandflächen für den Geschosswohnungsbau zur Verfügung stehen. Selbst wenn die Zahl der Baugenehmigungen sprunghaft ansteigen würde wäre erst ab 2004 wieder mit einem Anstieg der Baufertigstellungszahlen zurechnen. Erschwerend kommt hinzu, dass auch die Bauwirtschaft ihre Kapazitäten dramatisch abgebaut hat und diese im Bedarfsfall ebenfalls nur langsam wieder wird aufbauen können.
Auch wenn die Landesregierung soeben ihr neues Wohnungsbauprogramm vorgestellt hat, vermag dies nicht darüber hinwegzutäuschen, dass die staatliche Wohnungsbauförderung ebenfalls dramatisch eingeschränkt worden ist und dem Einbruch bei der Wohnungsbautätigkeit gerade nicht entgegen wirkt.
Alles in allem leitet der Landesmieterbund aus seit längerem bekannten Zahlen eine düstere Prognose für die Wohnraumversorgung ab und sieht er in weiten Teilen des Landes – vornehmlich im Süden – eine ausgeprägte Mangellage heraufziehen. Er fordert Politik und Wohnungswirtschaft auf, dem jetzt Rechnung zu tragen und das umzusetzen, was alle Beteiligten am Wohnungsmarkt schon seit langem als richtig erkannt haben: nämlich antizyklisch zu bauen, um den Wohnungsmarkt zu verstetigen. Jetzt ist dafür der richtige Zeitpunkt.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel