Modernisierungswelle rollt an Mieter müssen auf der Hut sein
Kiel, den 21.11.2002
Modernisierungswelle rollt an
Mieter müssen auf der Hut sein
Örtliche Wohnungsleerstände und enorme Qualitätsunterschiede zwischen Neubauwohnungen und unmodernisierten Nachkriegswohnungen der 60-er und frühen 70-er Jahre veranlassen immer mehr Vermieter, ihre Wohnungsbestände zu modernisieren. Auch die öffentliche Förderung setzt zunehmend auf Maßnahmen im Wohnungsbestand. Mieter können dabei leicht unter die Räder kommen.
So wird nicht selten versucht, Mieter auf diese Weise ganz aus der Wohnung heraus zu bekommen, ihnen im Vorwege durch Pauschalvereinbarungen Mietminderungsrechte, Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche zu nehmen und sie vorzeitig auf ungerechtfertigte Mieterhöhungen zu verpflichten. Im Einzelnen:
Grundsätzlich muss ein Mieter Arbeiten dulden, die der Verbesserung der gemieteten Wohnung oder des Hauses dienen oder durch die Energie oder Wasser eingespart wird. Duldungspflichtig sind auch Maßnahmen, die der Schaffung neuen Wohnraums dienen. Diese strenge Duldungspflicht ist nur in Härtefällen abzumildern. Deswegen ist es um so wichtiger, für klare Verhältnisse zu sorgen. Mieter sollten darauf bestehen, dass der Vermieter – wie es gesetzlich vorgeschrieben ist – spätestens drei Monate vor Beginn der Maßnahme Art, voraussichtlichen Umfang, Beginn, voraussichtliche Dauer und die zu erwartende Mieterhöhung schriftlich mitteilt. Dazu gehören auch Planzeichnungen, um den Mieter vor späteren Überraschungen zu schützen. Nicht selten kommt es vor, dass die teure Einbauküche hinterher nicht mehr passt, weil ein Heizkörper versetzt oder dass die Schlafzimmerschrankwand plötzlich vor dem Fenster steht, weil dieses vergrößert wurde. Wer seinen Vermieter ohne konkrete Angaben in der Wohnung arbeiten lässt, hat kaum noch eine Möglichkeit, diesen zu stoppen, wenn Veränderungen eintreten, die der Mieter nicht dulden will.
Modernisierungsmaßnahmen gehen regelmäßig mit Schmutz, Lärm und jeder Menge sonstiger Beeinträchtigungen einher; Bad und Küche sind zeitweise nicht benutzbar, die Wohnung ist kalt, es stinkt nach Schweißarbeiten und Bauchemikalien. Wegen dieser Beeinträchtigungen ist der Mieter immer zur Mietminderung berechtigt. Wird beim Schweißen der Teppichboden angesengelt, hat der Mieter Schadensersatzansprüche, muss er infolge einer Modernisierung neue Küchenmöbel anschaffen, passen die Jalousien nicht mehr oder sind umfangreiche Räumarbeiten nötig, so können für die damit verbundenen Kosten Aufwendungsersatzansprüche geltend gemacht werden. Auf letztere steht dem Mieter sogar ein Kostenvorschussanspruch zu.
Schönheitsreparaturen nach der Modernisierung sind immer Vermietersache. Viele Vermieter versuchen, die Schönheitsreparaturen auf den Mieter abzuwälzen durch formularmäßige Verzichtserklärungen. Begründet wird dies mit den Kosten, die der Modernisierung zugeschlagen und damit später Gegenstand der Mieterhöhung werden. Ob dieses Argument sticht ist ein reines Rechenexempel. Deswegen sollten Mieter nicht im Vorwege auf die Durchführung von Schönheitsreparaturen verzichten.
Und die Mieterhöhung? Im frei finanzierten Wohnungsbau kann der Vermieter nach Abschluss der Arbeiten 11 Prozent der aufgewendeten Modernisierungskosten auf die Jahresmiete aufschlagen. Hat eine Modernisierung beispielsweise 7.000,00 EURO gekostet, so darf der Vermieter 770,00 EURO jährlich umlegen, entsprechend EURO 64,17 im Monat. Aber Vorsicht: Viele Modernisierungsarbeiten beinhalten auch Reparaturleistungen. Werden morsche Fenster durch neue ersetzt, dann müssen die Instandsetzungskosten vor Feststellung des umlagefähigen Betrages abgezogen werden. Das gleiche gilt, wenn eine defekte Heizung erneuert und dabei modernisiert wird. Die Abgrenzung zwischen Instandsetzung und Modernisierung ist häufig schwer. Trotzdem kann der Mieter gerade in diesem Bereich viel Geld sparen. Die Wärmedämmung einer maroden Fassade kann im Einzelfall reine Instandsetzungsmaßnahme sein verbunden mit keiner oder nur einer geringfügigen Mieterhöhung. Und schließlich: Ein Vermieter, der sein zu modernisierendes Gebäude leer haben muss, weil er auch die Wohnungszuschnitte verändern will, wird leicht geneigt sein zu versuchen, seinen Mieter bei der Aktion los zu werden. Hier greift jedoch die Härteregelung des Bürgerlichen Gesetzbuches. Eine Modernisierung, die den Mieter letztendlich um seine Wohnung bringt, muss er nicht dulden. In derartigen Fällen wird mit harten Bandagen gekämpft.
Der gesamte Komplex Modernisierung ist sehr vielschichtig, weil eine Fülle wechselseitiger Ansprüche ineinander greift. Mieter, denen eine Modernisierung ins Haus steht, aber auch diejenigen, die schon davon betroffen sind, sollten sich schnellstmöglich über ihre Rechte informieren.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel