Kooperationsvertrag für Flensburg-Fruerlund: Lob und Kritik von der Mieterorganisation
Kiel, den 21.12.2010
Kooperationsvertrag für Flensburg-Fruerlund:
Lob und Kritik von der Mieterorganisation
Modernisierung im allgemeinen sowie altersgerechter Umbau des Wohnungsbestandes und energetische Verbesserung im besonderen sind Maßnahmen, die von der Mieterorganisation in Schleswig-Holstein prinzipiell unterstützt werden. Es ist richtig, den Bestand zu modernisieren – das Engagement des Landes ist richtig. Allerdings warnt die Mieterorganisation davor, dass mit dem Abriss oder der Modernisierung von älteren Gebäuden regelmäßig auch preiswerter Wohnraum unwiederbringlich verloren geht.
Dies ist deswegen eine ganz schlechte Entwicklung, weil gerade die besonders preiswerten Altbauwohnungen immer stärker nachgefragt werden, deutlich abzulesen an den weit überproportionalen Mietsteigerungen zum Beispiel in der Landeshauptstadt Kiel.
Dies ist einer der Gründe, weswegen die schleswig-holsteinischen Mietervereine von der Landesregierung erwarten, dass sie in die Kooperationsverträge zwischen Wohnungswirtschaft, Kommunen und Investitionsbank mit eingebunden werden. Man kann sich nicht hinstellen und von funktionierender Partnerschaft, gegenseitigem Vertrauen und gelebter Zusammenarbeit schwärmen, wenn gleichzeitig die Hauptbetroffenen – nämlich die Mieter, die ihre Wohnungen verlieren sollen oder die Umzugslasten tragen und hinterher eine deutlich höhere Miete zahlen sollen – nicht mit am Tisch sitzen.
In diesem Zusammenhang übt die Mieterorganisation deutliche Kritik am Innenministerium; das Ministerium hat sich einseitig auf die Seite der Wohnungswirtschaft geschlagen und handelt auch danach: So ist das im Vorjahr in Kraft getretene SHWoFG im wesentlichen an den Interessen der Wohnungswirtschaft ausgerichtet und eröffnet dieser Mieterhöhungsspielräume, die es nach der alten Rechtslage nicht gab. Auch der vom Innenministerium vielbeschworene „Klimapakt“ lässt die Mieter und ihre Vertretung völlig außen vor. Zwar heißt es in der Präambel des Klimapaktes vollmundig, er sei offen für weitere Partner – die seit Jahren geäußerte Bitte der Mieterorganisation, beteiligt zu werden, stößt jedoch sowohl im Innenministerium, wie auch bei der Wohnungswirtschaft auf taube Ohren. Dabei wäre ein korrigierender Einfluss der Mieterorganisation gerade dort sehr angebracht, hat sich doch der Klimapakt dazu verstiegen, eine Änderung des Mietrechtes zu Lasten der Mieterschaft zu fordern.
Und nun die Kooperationsverträge! Innenministerium und Wohnungswirtschaft erwarten wie selbstverständlich, dass die Mietervereine die Modernisierung des Wohnungsbestandes im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen. Die Kommunen nehmen die Hilfe der Mietervereine bei der Erstellung von Mietspiegeln gerne in Anspruch. Auch bei der Abwehr ungerechtfertigter Vermieterforderungen, seien es überhöhte Betriebskosten, ungerechtfertigte Kündigungen oder überhöhte Mieterhöhungen im Bereich der Hartz-IV-Leistungen, greift die öffentliche Hand gerne auf die Hilfe der Mietervereine zurück. Im Gegensatz etwa zur Verbraucherzentrale finanzieren sich Mietervereine ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und nehmen keinerlei öffentliche Förderung in Anspruch. Sie sind im besten Sinne des Wortes unabhängig und können Mieterinteressenvertretern vertreten, ohne auf etwaige Geldgeber Rücksicht nehmen zu müssen. Deswegen sind gerade sie die natürlichen Interessenvertreter der Mieterschaft in Mietwohnungsbeständen, die modernisiert oder abgerissen werden sollen. Es ist völlig abwegig zu glauben, dass die Wohnungswirtschaft Individualinteressen von Mietern den Vorrang gibt, wenn diese den eigenen Interessen zuwiderlaufen. Genauso gut könnte man dem Arbeitgeberverband die alleinige Kompetenz geben, Tarifverträge aufzustellen. Deswegen fordert die schleswig-holsteinische Mieterorganisation das Innenministerium auf zu einer ausgewogenen Position zwischen den Interessen der Wohnungswirtschaft und der Mieterorganisation zurückzufinden. Die Einbindung der Mietervereine in Kooperationsverträge könnte dazu ein erster Schritt sein.
Nähere Auskünfte zu diesem Thema erteilen alle schleswig-holsteinischen Mietervereine. Deren Anschriften und Beratungszeiten können zentral über die Landesgeschäftsstelle des Mieterbundes in Kiel, Eggerstedtstraße 1, 24103 Kiel oder über das Internet unter www.mieterbund-schleswig-holstein.de abgefragt werden.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel