Wohnungsbau in Schleswig-Holstein: Mieterbund kritisiert Einschränkung der Fördermittel
Kiel, den 15.07.2010
Wohnungsbau in Schleswig-Holstein:
Mieterbund kritisiert Einschränkung der Fördermittel
Der Bestand an geförderten preiswerten Mietwohnungen in Schleswig-Holstein schrumpft beständig. Aktuell stehen landesweit nur noch rund 60 Tausend geförderte Wohnungen für rund 330 Tausend Menschen im Lande zur Verfügung, die auf Transferleistungen angewiesen sind. Hinzu kommt ein Anteil von geschätzten 50 – 100 Tausend Schleswig-Holsteinern, die aus Scham oder weil ihr Einkommen ganz knapp über den Fördergrenzen liegt, Transferleistungen nicht beziehen, aber trotzdem armutsgefährdet sind.
Es ist also dringend geboten, den Bestand an geförderten preiswerten Wohnungen schnell wieder aufzustocken. Die Mieterorganisation schätzt, dass in Schleswig-Holstein wenigstens 120 Tausend geförderte Wohnungen gebraucht werden, um die Nachfrage nach preiswerten Wohnungen halbwegs zu befriedigen und einen nennenswerten Einfluss auf den Mietwohnungsmarkt auszuüben.
Die Landesregierung befindet sich jedoch auf Gegenkurs. So trat im Jahre 2009 das Wohnraumförderungsgesetz für Schleswig-Holstein in Kraft, das die Förderung von sozialen Mietwohnungen von zwei Seiten her in die Zange nimmt. Zum einen werden die raren Wohnraumfördermittel seitdem teilweise durch reine Quartiersentwicklung für die Städtebauförderung zweckentfremdet, ohne dass damit neue preiswerte Wohnungen entstünden. Doch damit nicht genug: Das Wohnraumförderungsgesetz verkürzt die Bindungsfristen für preiswerte Wohnungen dramatisch. Bindungsfristen, die bis in das Jahr 2080 preiswertes Wohnen gesichert hätten, werden nach 35 Jahren Laufzeit radikal abgeschnitten. Die Übergangsfristen laufen gerade mal bis zum 31.12.2018. Damit steht schon jetzt fest, dass sich der Schwund an geförderten Wohnungen dramatisch beschleunigen wird. Die Mieten für die so frei gewordenen Wohnungen werden absehbarerweise schnell und deutlich steigen. Dies gilt um so mehr, als die betroffenen Wohnungen überwiegend in den großen Städten und im hamburgischen Umland liegen, wo es auch entsprechende Erhöhungsspielräume gibt.
Mit den jetzt gefassten Beschlüssen zur Kürzung der Fördermittel setzt die Landesregierung noch eins drauf: Wohnraumförderung wird in Schleswig-Holstein aus dem „Zweckvermögen Wohnungsbau“ bezahlt. Dieses Vermögen wird jetzt zweckentfremdet, indem rund 30 % der verfügbaren Mittel in die Krankenhausförderung gesteckt werden, die sonst aus anderen Landesmitteln hätte bezahlt werden müssen. Nach Befürchtung der Mieterorganisation ist dies der Anfang vom Ende des Zwecksvermögens und einer kontinuierlichen Wohnungsbauförderung. Doch damit nicht genug: Wohnungsbauförderung erstreckt sich sowohl auf den Mietwohnungsbau, wie auch auf Eigentumsmaßnahmen. Knapp ein Drittel der Fördermittel sind für den Bau von Eigenheimen und Eigentumswohnungen reserviert. Sie sind mehr Zersiedelungsprämie als Wohnraumförderung. Und selbst die Mittel, die für den Mietwohnungsbau reserviert sind, haben in 2009 gerade mal 768 neu erbaute Mietwohnungen gefördert. Neuerdings fördert das Land darüber hinaus auch Abriss- und Neubau von Mietwohnungen. Dieser Teil des Programms trägt zur Erhöhung der Zahl preiswerter Wohnungen nichts bei und bringt betroffene Mieter regelmäßig um ihre teils seit Jahren und Jahrzehnten bewohnte Wohnung. Und auch Maßnahmen zur Modernisierung und Sanierung – so wichtig sie auch sein mögen – ziehen am Ende nur höhere Mieten für Einkommensschwache nach sich.
Fazit der Mieterorganisation: Die Wohnraumförderung des Landes ist im Ergebnis Förderung der Wohnungswirtschaft. Mieter, die auf preiswerten Wohnraum angewiesen sind, müssen nach Lage der Dinge mit einer weiteren Verknappung preiswerter Wohnungen rechnen. Deswegen fordert die Mieterorganisation das Land auf umzusteuern und sich wieder auf eine Erhöhung des geförderten Bestandes zu konzentrieren. Letztendlich hilft ein höherer Bestand an preiswerten geförderten Wohnungen nicht nur den Mietern, sondern auch dem Land und den Kommunen. Langfristig können so erhebliche Mittel an Wohngeld und an Transferleistungen für einkommensschwache Haushalte eingespart werden. Ein größerer Bestand an geförderten Wohnungen verhindert zugleich eine Konzentration einkommensschwacher Haushalte in einzelnen Stadtteilen und sorgt für eine bessere Durchmischung in den Kommunen.
Verantwortlich: Jochen Kiersch – Kiel